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Aus: Ausgabe vom 10.07.2024, Seite 5 / Inland
Arbeitskampf an der Nordseeküste

Streik am Kai

Tarifrunde: Verdi mobilisiert Hafenarbeiter in Hamburg und Bremerhaven zum zweitägigen Ausstand. Kapitalseite ohne »ernsthaftes Angebot«
Von Oliver Rast
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Container bleiben an Bord, nahezu kein Umschlag an den Terminals am Mittwoch im Hamburger Hafen

Sie sind Frühaufsteher und Schichtarbeiter – und verlieren so langsam die Geduld. Die knapp 12.000 Beschäftigten in den deutschen Nordseehäfen. Und einige von ihnen in signalfarbenen Westen sind am Dienstag morgen noch zeitiger auf Trab als sonst. Weit vor dem Frühschichtauftakt um 6.30 Uhr. Sie wollen mobilisieren, befestigen dafür schwarzrote DIN-A0-Plakate mit handelsüblichem Gaffaband an schweren, metallenen Zufahrtstoren und leichteren Gitterzäunen. Darauf steht in großen Lettern: »Heute: Warnstreik«. Oben rechts ist das Logo von Verdi.

Die Gewerkschaft hat die Hafenarbeiter in Hamburg und Bremerhaven zu zwei ganztägigen Arbeitsniederlegungen aufgerufen – für Dienstag und Mittwoch. Direkt im Vorfeld der Tarifverhandlungen zwischen Verdi und der Gegenseite, dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). Die stocken nämlich. Für Donnerstag und Freitag ist bereits die dritte Runde angesetzt, diesmal in der Hansestadt Bremen. Die Positionen der Kontrahenten liegen noch deutlich auseinander.

Verdi fordert um drei Euro höhere Stundenlöhne rückwirkend zum 1. Juni plus entsprechend mehr an Schichtzuschlägen. Und das bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. »Es kommt darauf an, dass insbesondere die unteren Lohngruppen durch die Lohnerhöhungen finanziell entlastet werden«, wurde die Verhandlungsführerin Maren Ulbrich am Montag in einem Gewerkschaftsstatement zitiert. Ferner würden bei Erflüllung der Forderungen Einkommensunterschiede in den Belegschaften verringert, Reallohnzuwächse nach der Teuerungswelle spürbar.

Was sagt der ZDS? Zunächst das: »Wir bereiten gerade unsere Pressemitteilung vor, die sollte gleich veröffentlicht werden«, so Doris Martens, Assistentin der ZDS-Geschäftsführung, im jW-Telefonat. Der Verband fühlte sich aufgrund der starken medialen Resonanz für die Verdi-Forderungen wohl etwas gedrängt, PR mittels PM zu machen, so klingt es jedenfalls. Der ZDS vertritt eigenen Angaben zufolge jene 56 seiner 141 Mitgliedsunternehmen, die nach der aktuellen Tarifrunde an den neuen Lohntarifvertrag gebunden sein werden.

Und tatsächlich, rund 30 Minuten nach der jW-Anfrage folgt die schriftliche Erklärung der Vertreter der Hafenbosse, zwei Minuten nach zwölf Uhr mittags. Der ZDS setze weiterhin auf konstruktive Verhandlungen, wolle »ein für beide Seiten tragfähiges Tarifergebnis erzielen.« Nur, was bietet die Kapitalfraktion? Nicht viel. 2,9 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 80 Cent. Transformationsprozesse wie die Energiewende bedeuteten »erhebliche Investitionen in Anlagen und Qualifizierung von Beschäftigten«. Dazu komme die internationale Wettbewerbssituation, die »zusätzlich nach Steigerungen von Effizienz und Produktivität in den Seehäfen verlangt.« Unter dem Strich: Maß und Mitte müssten bei Arbeitskampfmaßnahmen gewahrt werden. Das »faire Angebot« sei kein Grund für Warnstreiks, »die die Zuverlässigkeit der deutschen Seehäfen beeinträchtigen.«

Das sieht André Kretschmar anders. Der ZDS habe bislang kein ernsthaftes Angebot vorgelegt, brauche Druck seitens derer, die tagein, tagaus ihre Knochen hinhielten, so der Verdi-Landesfachbereichsleiter für Verkehr am Dienstag in seinem Stimmungsbericht aus dem Hamburger Hafen für jW. Dort allein ackern rund 5.500 Arbeiter. Aber jetzt gerade an zwei Tagen in je drei Schichten eben nicht. So gut wie nicht, weiß Kretschmar. »Kein Schiff wird abgefertigt, die Container bleiben an Bord, sprich der Umschlag steht nahezu still.« Nur ein Notbetrieb wird an den Terminals aufrechterhalten.

Wichtig noch, ein bisschen Rabatz: die Demo an diesem Mittwoch vormittag. Start ist um 10 Uhr vor der ZDS-Zentrale am Sandtorkai. Der Aufzug, an dem Tausende Beschäftigte teilnehmen dürften, wird vor dem DGB-Haus im Besenbinderhof enden. Und falls die Tarifgespräche abermals ergebnislos bleiben sollten, werden die schwarzroten Verdi-Plakate wieder ausgerollt und gut sichtbar an Werkstoren befestigt. Kretschmar betont lässig: »Wir sind dann wieder streikbereit.« Und früh unterwegs.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (9. Juli 2024 um 20:42 Uhr)
    Gegebenenfalls muss halt das »Warn-« weg: Schwarzen Teil des Plakats mit handelsüblichem Gaffaband erweitern.

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