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Aus: Ausgabe vom 17.07.2024, Seite 7 / Ausland
USA

Geschenk für Trump

Nach Attentat: Republikanischer Präsidentschaftskandidat tritt bei Parteitag auf, präsentiert Kandidaten für Vizepräsidentschaft
Von Alex Favalli
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Früher Feinde, heute Freunde: Donald Trump (l.) und James David Vance beim Parteitag in Milwaukee (15.7.2024)

Der Wahlkampf in den USA läuft auf Hochtouren. Zwei Tage nach dem gescheiterten Attentat auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump in Pennsylvania kehrte dieser am Montag beim Parteitag der Republikaner in Milwaukee in Wisconsin mit verbundenem Ohr auf die Bühne zurück. Er hielt keine Rede, sondern ballte lediglich seine Faust, wofür er von den anwesenden Delegierten tobenden Applaus erhielt. »Ich werde dem Schützen, einem potentiellen Mörder, weder die Änderung unserer Pläne noch von irgend etwas anderem erlauben«, postete Trump auf seinem Account bei der Plattform Truth Social. Dass das »Undenkbare« verhindert worden sei, habe er nur Gott zu verdanken.

Der wirkliche Höhepunkt in Milwaukee war allerdings, dass Trump endlich seinen Kandidaten für die Vizepräsidentschaft präsentierte: den 39jährigen James David Vance aus Ohio. Mit Vance holt sich Trump erneut einen fundamentalistischen Christen an seine Seite. 2016 hatte Vance noch vor Trump gewarnt und ihn als »America’s Hitler« bezeichnet. Sein Einstieg in die politischen Geschäfte 2021 führte allerdings zu einer Kehrtwende, so dass Trump plötzlich als der »beste Präsident«, den er je erlebt habe, gepriesen wurde. Daraufhin wurde Vance in den US-Senat gewählt. Außenpolitisch fordert auch er von den EU-europäischen Staaten, dass sie mehr »Verantwortung« für ihre Armeen übernehmen sollen, so dass sich die US-Kriegsmaschine stärker auf den asiatischen Raum konzentrieren könne, allen voran China. Er lehnt die US-Finanzhilfen für die Ukraine ab und meint, Israel solle den »Job« in Gaza »zu Ende bringen«.

Der Unionspolitiker Jens Spahn nahm auf dem Parteitag als Beobachter teil und sah in der Nominierung »eine Chance«, wie er am Montag dem Tagesspiegel sagte. Ihm zufolge würde Vance den radikaleren Teil der republikanischen Wähler repräsentieren, während Trump sich eher »staatsmännisch verhält und auf die Mitte zielt«. Was genau auf eine zentristische Haltung Trumps hindeutet, bleibt unbeantwortet, steht Trump, zumindest seinem Selbstverständnis nach, doch noch immer als Gegenpol zum US-Establishment.

Die Aussichten auf eine Wiederwahl des amtierenden Präsidenten Joseph Biden dürften sich zukünftig wohl nicht verbessern. Nach mehreren desaströsen Medienauftritten im Laufe der letzten Wochen bleiben die Zweifel an seinem Zustand auch innerhalb der demokratischen Partei bestehen. Insbesondere, seitdem er Wolodimir Selenskij auf dem NATO-Gipfel versehentlich Putin nannte, forderte ein Teil der Spender der Wahlkampagne der US-Demokraten, dass er sich aus dem Rennen zurückziehen solle.

Um so mehr stärkte das Attentat auf Trump die Republikaner. In den sozialen Medien verbreitete sich das Bild eines blutverschmierten Trump, der seine Faust in die Höhe streckt. Attentate auf politische Führungsfiguren haben in der Vergangenheit immer wieder dazu geführt, dass diese Personen in der Öffentlichkeit an Attraktivität gewannen. Dazu gehört auch Ronald Reagan, in dessen Tradition sich Trump gewissermaßen sieht. Nach einem versuchten Mordanschlag profitierte er von der Sympathie der Öffentlichkeit – das half ihm, eine Reihe umstrittener wirtschaftspolitischer Maßnahmen durchzusetzen, die das Land nachhaltig prägen sollten.

Über die Motive des 20jährigen Schützen Thomas Matthew Crooks ist bislang noch nichts bekannt, weshalb Spekulationen in alle Richtungen gehen. Es liegt auf der Hand, dass die Republikaner nun dessen einmalige 15-Dollar-Unterstützung für ein der Demokratischen Partei nahestehendes Projekt instrumentalisieren. So machten einige die Rhetorik Bidens für das Attentat verantwortlich. Dieser sah sich zu einer Reaktion gezwungen und gab am Montag in einem Interview mit NBC News zu, es sei ein »Fehler« gewesen, zu sagen, er wolle den republikanischen Kandidaten Donald Trump »ins Visier nehmen«.

US-Politiker mehrerer Parteien verurteilten parteiübergreifend am Sonnabend den Vorfall. »Es gibt absolut keinen Platz für politische Gewalt in unserer Demokratie«, twitterte der ehemalige demokratische Präsident Barack Obama, der einst Angriffe in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen, Jemen, Somalia und Pakistan, die zu enorm vielen zivilen Todesopfern führten, verordnet hatte.

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  • Leserbrief von Oliver Ryan aus Berlin (20. Juli 2024 um 18:17 Uhr)
    Ich habe kürzlich das Buch von Herr Vance durchgeblättert, es heißt »Hillbilly Elegy« im Englischen. Mein Fazit: Das macht was mit einem.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (17. Juli 2024 um 09:57 Uhr)
    Mit dem Folgen des Attentats wird Trump, wenn er wiedergewählt wird, im wortwörtlichen Sinn als Schlitzohr-Präsidenten in die Geschichtsbücher eingehen.

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