75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 07. / 8. September 2024, Nr. 209
Die junge Welt wird von 2927 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 30.07.2024, Seite 5 / Inland
Hamburger Hafen

Die Konkurrenz schläft nicht

Hamburger Hafen: Nach dem Einstieg der MSC-Reederei beim Terminalbetreiber HHLA wird schon der nächste Deal vorbereitet
Von Burkhard Ilschner
5.jpg
»Schutz der kritischen Infrastruktur«: Annalena Baerbock mit HHLA-Vertreter am Freitag am Burchardkai in Hamburg

Nach dem Besuch Annalena Baerbocks beim Terminalbetreiber des Hamburger Hafens, der HHLA, berichtete Reuters am Freitag, die grüne Bundesaußenministerin habe »mit Blick auf Akteure wie China und Russland einen energischeren Schutz der kritischen Infrastruktur angemahnt«. Im Kontext »chinesischer Investitionen in deutsche Infrastruktur« soll auch von der Cosco-Beteiligung am kleinsten HHLA-Terminal Tollerort die Rede gewesen sein. Dass Baerbock bei dieser Gelegenheit die geplante Fusion des Gesamtkonzerns HHLA mit der Schweizer Reederei MSC kritisiert hätte, war dem Bericht nicht zu entnehmen: Dieses weitaus schwerer wiegende Vorhaben trifft in Hamburg bekanntlich auf Widerstand – aber es wird von allen mitregierenden Parteifreunden Baerbocks befürwortet.

Auch das momentan an der Elbe kursierende Gerücht einer Kooperation des HHLA-Konkurrenten Eurogate mit der französischen Reederei CMA CGM scheint der Außenministerin keine Erwähnung Wert gewesen zu sein: Der NDR hatte am vergangenen Donnerstag davon berichtet. Eurogate strebt seit langem eine Erweiterung seines Terminals im Stadtteil Waltershof an und will diesen Plan laut NDR vielleicht gemeinsam mit den Franzosen umsetzen. Während die HHLA mit Tollerort, Altenwerder und Burchardkai drei Terminals betreibt, hat Eurogate in Hamburg bislang nur diesen einen.

Um dessen sogenannte Westerweiterung wird seit Jahrzehnten gestritten: Die Kaje auf der südwestlichen Seite des Waltershofer Hafenbeckens – gegenüber liegt ein Teil des Burchardkais – soll nach Nordwesten verlängert werden. Nach Verfüllung des ehemaligen Petroleumhafens soll die Kaje auf einer Länge von rund 1.000 Metern erst bis zur Elbe und dann gen Westen entlang deren Bubendeyufers ausgebaut werden. Damit verbunden wäre ein Schritt, der die konkurrierende HHLA für den Plan einnehmen soll: Der zwischen Bubendeyufer, Oevelgönne und Burchardkai liegende Großschiffdrehkreis auf der Elbe soll von 480 auf 600 Meter erweitert werden.

Im Spätsommer 2009 waren die Planfeststellungsunterlagen öffentlich ausgelegt worden, Ende 2016 erging der Planfeststellungsbeschluss. Es gab heftigen Widerstand, mehrere Klagen scheiterten. Im letzten Verfahren wies das Oberverwaltungsgericht vor drei Jahren Einwände gegen die Bedarfsprognose abschließend zurück. Rechtlich steht dem Ausbau nach Ansicht der Planer somit nichts mehr im Wege. Allerdings wird es bis zur konkreten Umsetzung noch einige Jahre dauern; derweil könnte sich der Trend schrumpfender Umschlagszahlen fortsetzen – wie lange die Bedarfsprognose aufrechtzuerhalten sein wird, bleibt abzuwarten.

Der Terminalbetreiber Eurogate mit Stammsitz Bremen gehört zu gleichen Teilen der überwiegend staatlichen Bremer BLG Logistics Group und dem Hamburger Familienunternehmen Eurokai. Er betreibt Terminals nicht nur in Hamburg, sondern auch in Bremerhaven, Wilhelmshaven, in Italien, Marokko, Zypern und demnächst in Ägypten. Anders als bei der geplanten Fusion von HHLA und MSC, bei der den Genfern weitgehende Eigentümerrechte zugestanden werden sollen, setzt Eurogate bislang vorzugsweise auf sogenannte Joint Ventures, terminal-bezogene Betreibergesellschaften.

Ein Beispiel wäre der Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port (JWP) in Wilhelmshaven. An dem ist nach dem Mærsk-Ausstieg nun Hapag-Lloyd mit 30 Prozent derart beteiligt. In Bremerhaven gibt es vergleichbare »Töchter« zwar sowohl mit MSC als auch mit Mærsk – sie betreffen aber jeweils nur Abschnitte der dortigen, rund fünf Kilometer langen Stromkaje: Der mit den Dänen betriebene North Sea Terminal (NTB) misst 1.800 Meter, mit den Schweizern wird das 1.220 Meter lange MSC Gate gemanagt.

Eine radikale Änderung dieser Art von Kooperation wäre für ein Unternehmen wie Eurogate ungewöhnlich. Der Konzern hat die Hamburger Kooperation mit CMA CGM bislang nicht bestätigt. Folgen für die Arbeitsplätze oder die weitere Entwicklung des Hamburger Hafens sind deshalb noch nicht absehbar.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Bislang ist der als »Jahrhundertprojekt« gepriesene Jade-Weser-P...
    05.10.2021

    Rochade am Tiefseehafen

    Jade-Weser-Port: Tochter von dänischem Mærsk-Konglomerat zieht sich zurück. Deutscher Branchenprimus Hapag-Lloyd steigt ein
  • Konkurrenz unter Häfen: Zur besseren Auslastung des Altenwerder-...
    01.06.2021

    Unruhe an der Elbe

    Affront gegen bisherige Hamburger Politik: Teilstaatliche Reederei Hapag-Lloyd erwägt, 30 Prozent vom Jadeweserport zu erwerben
  • Erst im Oktober 2017 wurde die Zahl der Bahngleise am Bremerhave...
    27.08.2018

    Destruktive Konkurrenz

    Großreederei Hapag-Lloyd will vier Linien von Bremerhaven nach Hamburg umleiten. Für Containerterminal an Wesermündung halbiert sich dadurch der Umschlag