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Aus: Ausgabe vom 31.07.2024, Seite 2 / Ausland
US-Präsidentschaftswahl

»Sie stand für massenhafte Inhaftierung«

Kamala Harris wird als progressive Alternative zu Trump präsentiert. Die Interessen der Arbeiter vertrat sie nie. Ein Gespräch mit Walter Smolarek
Interview: Alex Favalli
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»Sozialismus ist das Heilmittel«: Karina Garcia ist Vizepräsidentschaftskandidatin der PSL (Atlanta, 20.4.2024)

US-Präsident Joseph Biden hat seine Kandidatur zurückgezogen, Vizepräsidentin Kamala Harris wurde de facto als sein Ersatz inthronisiert. Was bedeutet das für die bevorstehende Präsidentschaftswahl?

Mit Harris haben die Demokraten die Möglichkeit, Wähler zurückzugewinnen, die sich von Biden abgewandt hatten. Es hat bereits eine koordinierte Anstrengung von superreichen Spendern und befreundeten Medien gegeben, um Harris zu fördern und die Partei um sie als Bidens Nachfolgerin zu »vereinen«. Die Mehrheit der Menschen in den USA lehnt die ultrareaktionäre Politik von Donald Trump ab. Wenn die Wahl zu einem Referendum über Trump und die extreme Rechte wird, könnte Harris gewinnen. Das ist dennoch ungewiss, da sie mit dem äußerst unpopulären Erbe von Joe Biden verbunden ist.

Harris wird oft als progressive Führungspersönlichkeit dargestellt.

Sie vertritt weder eine progressive Politik noch die Interessen der armen und arbeitenden Menschen. Sie begann ihre Karriere als Staatsanwältin in Kalifornien und wurde dort Generalstaatsanwältin. Sie verfolgte eine Politik der Masseninhaftierung, wodurch eine große Zahl von Menschen wegen gewaltfreier Drogendelikte eingesperrt wurde. Sie unterstützte Gefängnisarbeit, die Todesstrafe und schickte sogar Eltern ins Gefängnis, wenn ihre Kinder die Schule schwänzten. Als Teil des wirtschaftsfreundlichen Mainstreams der Demokratischen Partei kam sie in den Senat und blieb dieser politischen Grundausrichtung bis heute treu.

Als Vizepräsidentin wurde sie mit der Überwachung des gewaltsamen Vorgehens gegen Flüchtende an der Grenze zwischen den USA und Mexiko betraut. Und sie ist eine Befürworterin des Völkermords im Gazastreifen, auch wenn sie versucht, dies zu kaschieren, indem sie den Anschein erweckt, sie habe Mitgefühl mit dem Leiden der Palästinenser.

Bidens designierte Nachfolgerin ist für ihre Beziehungen zu Unternehmensspendern bekannt.

Bestechung ist ein legaler Wirtschaftszweig in der US-Politik, der als Lobbyismus bekannt ist: Unternehmen kontrollieren Politiker, indem sie ihre Kampagnen finanzieren und ihnen helfen, nach dem Ende der Amtszeit reich zu werden. Alle etablierten Politiker sind daran beteiligt, und Kamala Harris ist sicherlich keine Ausnahme. Sie hat große Spenden von Tech-Konzernen wie Alphabet oder dem kalifornischen Gesundheitsriesen Kaiser Permanente erhalten. Als sie 2016 für den Senat kandidierte, stammten nur 15 Prozent ihrer Wahlkampffinanzierung von Kleinspendern, die weniger als 200 Dollar gaben.

Welche Auswirkungen sehen Sie nun auf die breitere linke Bewegung in den USA voraus?

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Linke in den USA nicht auf die Bemühungen der Demokraten hereinfallen, Unterstützung für Harris zu sammeln. NGOs im Umfeld der Partei setzen alles daran, Harris als Verfechterin einer fortschrittlichen Politik darzustellen und als die einzige, die Trump daran hindern kann, eine faschistische Herrschaft in den USA zu errichten. Was der extremen Rechten wirklich Einhalt gebieten kann, ist eine breite Volksbewegung, die auf den Straßen und an den Arbeitsplätzen kämpft und Forderungen stellt, die sich mit den Krisen der arbeitenden Menschen befassen. Eine solche Bewegung kann sich um ein Programm scharen, das alle Formen von Bigotterie sowie die Kriegsmaschinerie des Pentagons ablehnt und Gesundheitsversorgung, Wohnraum, einen existenzsichernden Lohn und kostenlose Bildung fordert. All dies wird von der Demokratischen Partei und dem Establishment, das Harris vertritt, strikt abgelehnt.

Daher stellt die PSL ihre eigenen Kandidaten auf: Claudia De la Cruz als Präsidentin und Karina Garcia als Vizepräsidentin. Sie sind langjährige Kämpferinnen gegen Krieg, wirtschaftliche Ungleichheit und Rassismus. Wir sind der Meinung, dass die Arbeiterklasse völlig unabhängig von der Demokratischen Partei sein muss, die in der Vergangenheit immer wieder dazu beigetragen hat, die Volkskämpfe zu entkräften und in die Irre zu führen. Bei unserer Kampagne geht es auf lange Sicht um den Aufbau einer breit angelegten Bewegung für den Sozialismus. Dazu müssen wir das kapitalistische Zweiparteiensystem herausfordern.

Walter Smolarek ist Communication Director der Party for Socialism and Liberation (PSL) sowie leitender Redakteur der Zeitung Liberation News

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