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Aus: Ausgabe vom 07.08.2024, Seite 4 / Inland
Kriegsvorbereitungen

Rufe nach mehr Militärhilfe für Israel

Präsident des Zentralrats der Juden für Beistand durch Bundeswehr. CDU will Erwartungen dämpfen
Von Marc Bebenroth
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Waren schon mal da: Kampfjets vom Typ »Eurofighter« der Bundeswehr auf der Luftwaffenbasis Ovda im Süden Israels (18.10.2021)

Josef Schuster lässt den nächsten Testballon steigen. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland hat die Bundesregierung aufgefordert, Israel militärisch beizuspringen, sollte es zu einem umfänglichen Krieg mit Iran und anderen Staaten der Region kommen. »Die historische Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels ist zwar nicht rechtlich bindend«, sagte Schuster dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) laut Bericht vom Dienstag. Dennoch müsse die BRD »im Falle eines Angriffes in der Größenordnung, wie er aktuell droht, auch militärisch an der Seite des jüdischen Staates« stehen.

Was das konkret bedeuten soll angesichts bereits erfolgter indirekter Unterstützung durch die Bundeswehr beim Abwehren iranischer Raketen- und Drohnenangriffe sowie bis heute nicht gestoppter Waffenlieferungen, ließ der Zentralratspräsident offen. Da fiel die zuvor von CDU-Hardliner Roderich Kiesewetter geforderte Beteiligung deutscher Streitkräfte an einer von den USA angeführten »Schutzkoalition« für den teils faschistisch regierten Staat Israel konkreter aus.

Der als Lobbyist der israelischen Regierung in der BRD agierende Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, forderte beschleunigte Rüstungslieferungen aus der BRD. Gegenüber dem RND mahnte der ehemalige Abgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen eine »schnelle Bewilligung« an. Israel »sofort« bei der »Hilfe zur Selbsthilfe« zu unterstützen, zum Beispiel durch Waffen, Ersatzteile und Munition, sei »weniger aufregend als eine Beteiligung der Bundeswehr«, sagte er vermutlich in Richtung Kiesewetter, »im Moment aber womöglich hilfreicher«.

Israels Regierung habe »deutlich kommuniziert, wie wir helfen können«, zitierte das RND den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marcus Faber (FDP). Auch er sprach sich für die »schnelle Bewilligung von Rüstungsexporten« aus und erklärte: Die Bundeswehr sei seitens Israels »nicht angefragt« worden und könne ohnehin »wenig helfen«. Fabers Kollege von der SPD, Andreas Schwarz, erklärte gegenüber dem Medium ebenfalls, dass keine Anfragen nach militärischem Beistand vorliegen, ließ aber erkennen, dass dieses Szenario nur eine Frage der Zeit sei. Zumindest geht Schwarz davon aus, »dass die Bundesregierung darauf vorbereitet ist und in dieser Frage mit Israel und den westlichen Verbündeten in Kontakt steht«.

Derweil bemüht sich Kiesewetters eigene Partei, dessen jüngsten bellizistischen Vorstoß wieder einzufangen – schließlich sind gerade die Wählerinnen und Wähler in den ostdeutschen Bundesländern, wo im September drei Landtage neu gewählt werden, besonders sensibel gegenüber Kriegsgetrommel. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte, bislang gebe es keinen Wunsch Israels nach unmittelbarer militärischer Unterstützung. »Die Sache mit der Staatsräson müsse aber klar sein«, sagte Frei.

Jürgen Hardt (CDU), Obmann im Auswärtigen Ausschuss, warnte davor, zu große Erwartungen zu wecken. Die Vorstellung, dass »deutsche Kampfflugzeuge innerhalb kürzester Zeit in die Region verlegbar wären und dort gut eingesetzt werden können zur Verteidigung Israels« sei überzogen, sagte er am Dienstag im WDR. Dazu sei die Bundeswehr ohnehin »gar nicht in der Lage«, fürchtete Hardt.

Ein kurzfristiger Einsatz der Luftwaffe sei weder »sinnvoll noch denkbar«, sekundierte Ralph Thiele, Oberst a. D. und Vorsitzender der Politisch-Militärischen Gesellschaft e. V., am Dienstag im Deutschlandfunk. Auch politisch wäre jener »Kriegseintritt Deutschlands« bei der Verteidigung Israels gegen Angriffe mit Drohnen und Raketen nicht sinnvoll, »da man deeskalieren muss«.

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