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Aus: Ausgabe vom 28.09.2024, Seite 6 / Ausland
EU-Grenzregime

Tote, über die keiner spricht

Sie ertrinken, »verschwinden« oder landen in Lagern: Geflüchtete auf dem Weg auf die Kanaren
Von Carmela Negrete
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Sie haben es geschafft, Unzählige andere nicht: Asylsuchende erreichen am Freitag Gran Canaria

Es ist keine Nachricht mehr wert, sondern die Banalität des europäischen Grenzregimes. Drei Boote mit Flüchtlingen sind diese Woche vom Radar verschwunden, mit insgesamt 61 Menschen an Bord. Darunter befanden sich 16 Frauen, ein Mädchen und zwei Babys, die sehr wahrscheinlich ihr Leben verloren haben, erklärte die Aktivistin und Menschenrechtlerin Helena Maleno Garzón von »Caminando Fronteras« (Grenzen zu Fuß) am Donnerstag auf X. Die Organisation betreibt ein Nottelefon für Geflüchtete auf hoher See. Seit Freitag gibt es keinen Kontakt mehr zu den Vermissten.

Am Dienstag hatte Maleno Garzón gemeldet: »175 Personen sind verschwunden, darunter 42 Frauen und sechs Kinder.« Haben wir den Überblick verloren? Den gibt es schon lange nicht mehr, es sind immer nur Zahlen, die für uns keine Gesichter und Angehörigen haben. Ihre anonymen Gräber haben oft nur eine Nummer und erscheinen nie in der »Tagesschau«. Schon 4.300 Menschen sollen laut Euronews in diesem Jahr auf dieser Route gestorben sein.

500 Menschen ist dieses Schicksal vorerst erspart geblieben, sie wurden diese Woche vor den Küsten der Kanarischen Inseln von spanischen Rettungsdiensten an Land gebracht. Seit Januar sind laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) etwa 27.000 Menschen auf diese Weise in Spaniens Überseegebiet angekommen, deutlich mehr als in den Vorjahren. Nach Angaben der Regionalregierung vom August allein 126 Prozent mehr als 2023.

Und die Situation auf den Inseln – dem »spanischen Lampedusa« – ist und bleibt schwierig. Rund 5.000 unbegleitete Kinder warten dort, das Aufnahmesystem ist zusammengebrochen, wie die Tageszeitung El País am vergangenen Sonntag in einer Reportage berichtete. Die meisten Flüchtlinge, darunter Minderjährige in unbekannter Zahl, kommen derzeit aus Mali, viele Menschen kommen auch aus Marokko, Senegal, Gambia und Mauretanien. Im August forderte die mitregierende rechtskonservative Volkspartei PP von der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sie möge sich die Situation vor Ort selbst anschauen. Denn: »Untätigkeit steht im Widerspruch zu dieser europäischen Identität, die als der größte Raum für Sicherheit, Freiheit und Wohlstand geformt wurde.«

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