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Aus: Ausgabe vom 14.10.2024, Seite 4 / Inland
CSU-Parteitag

Demonstrative Loyalität

Augsburg: CSU-Chef Söder stimmt seine Partei auf den Bundestagswahlkampf ein und betont seine Unterstützung für Kanzlerkandidat Merz
Von Fabian Linder
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Döner für drei Euro: Auf dem CSU-Parteitag ist die Welt noch in Ordnung (Augsburg, 12.10.2024)

Ein Jahr vor der Bundestagswahl bereitet sich die CSU auf ihrem Augsburger Parteitag auf den Bundestagswahlkampf vor. Die knapp eineinhalbstündige Rede von Parteichef Markus Söder bestand im Kern aus dem, was der bayerische Ministerpräsident sonst bei seinen Bierzeltreden zum besten gibt, also hauptsächlich Attacken auf die Ampelregierung und ein ständiges Lob auf den Freistaat, der in allem besser sei als der Rest des Landes. Dazu etwas Lästern über die bundespolitischen Ambitionen seines Koalitionspartners Hubert Aiwanger von den Freien Wählern.

Auffallend war vor allem die demonstrative Einigkeit von CSU und CDU, nachdem sie die Kanzlerfrage zugunsten von Friedrich Merz entschieden hatten. Dieser könne sich auf die Bayern verlassen, betonte Söder seine zur Schau gestellte Loyalität. Merz knüpft diesen Erfolg unter anderem an ein »neues Miteinander« und eine Erneuerung beider Unionsparteien. Einen Hauptkonflikt zwischen ihren Parteien machten beide in der Migrationspolitik der vergangenen Jahre aus und kündigten im Falle einer Regierungsübernahme weitere Verschärfungen an. In ihrer bundespolitischen Stoßrichtung unterschieden sich die Reden von Merz und Söder inhaltlich kaum, auch wenn Merz sich als Kanzlerkandidat bemühte, »niemanden in diesem Land auszuspielen«.

In beiden Reden stand die schlechter werdende wirtschaftliche Situation, für die beide Politiker die Ampel verantwortlich machen, im Fokus. Es brauche mehr »Leistung«, die etwa mit einer Abschaffung des sogenannten Bürgergelds erzielt werden soll. Bei Finanzierungslücken werde man auf »öffentliche Kassen schauen und nicht die Schuldenbremse aufheben«, verkündete Merz.

Beide nahmen auch Bezug zu außenpolitische Themen. »Bayern steht an der Seite Israels«, nicht nur aus Gründen der Staatsräson, sondern auch aus »Motiven der Menschlichkeit«, so Söder. Dem folgte ein Angriff auf angebliche antisemitische »linke Kulturintellektuelle«. Man sorge sich zwar um die Zivilbevölkerung in Gaza und im Libanon, dennoch habe Israel ein Recht auf »Selbstverteidigung«, behauptete Söder und forderte, die »Geiseln frei« und »Israel endlich in Frieden leben zu lassen«.

Die geplante Stationierung von US-Raketen verteidigte Söder. Man stehe zu den USA und zur NATO, weshalb es mehr Waffen sowie eine Wehr- und allgemeine Dienstpflicht brauche, um junge Menschen zu binden. Die CSU sei die Partei der Bundeswehr. Man freue sich daher auch, dass der ehemalige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Zukunft die Leitung der Münchner »Sicherheitskonferenz« übernehme.

Söders Ampelkritik ging einher mit einer erneuten Absage an eine »schwarz-grüne« Koalition. Teile der Union, auch Merz, wollen sich diese Option offenhalten. Einig sind sich die beiden Parteichefs, wenn es um die AfD oder das BSW geht. Mit Blick auf die AfD sagte Merz, man würde bei einer Zusammenarbeit die »Seele der Union verkaufen«. Das BSW-Programm sei ebenfalls nicht vereinbar mit den »Werten« der Union. Auch Söder grenzte sich von beiden »Akteuren« ab, die in außenpolitischen Anträgen der CSU stets in einem Atemzug genannt wurden. Mit dem BSW, einem »alten Sozialistenpack, bei dem Putin am Tisch sitzt«, könne die CSU auf keinen Fall zusammenarbeiten.

In Sachen Klimaschutz äußerte Merz, dieser sei bedeutend und habe »gravierende Einflüsse auf das Leben der Menschen hierzulande«. Dass insbesondere Klimaschützer weder Merz noch Söder in diesen Fragen ernst nehmen, zeigte der Protest von Klimaschutzaktivisten vor der Messehalle, in der der Parteitag stattfand. Diese demonstrierten unter anderem gegen geplante Gasbohrungen vor Borkum sowie im bayerischen Reichling am Ammersee.

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