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Zack! Rumms! Würg!

Von Pierre Deason-Tomory
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Eine Opernrarität: Ève‑Maud Hubeaux in Gaspare Spontinis »La Vestale«

Den tieferen Sinn von Preisverleihungen hat der unbestechliche Georg Kreisler einmal nach langer Vorrede folgendermaßen beschrieben: »Man verbot jetzt April und Musik in A-Dur / Und begoss uns’re Straßen mit Leim / Jeder Bürger erhält eine goldene Uhr / Doch das Wetter bleibt weiter geheim. // An der Staatsgrenze streicht man die Schlagbäume weiß / Und man muss jetzt die Semmeln verzoll’n – / Unser Nachbar bekam einen Förderungspreis / Damit andere auch einen woll’n!«

Weil seine Couplets wie im zitierten »Dreh das Fernsehen ab« oft zwar ganze Geschichten erzählen, aber eben Lieder sind und keine Hörspiele, hat der lebende Kreisler nie den Deutschen Hörspielpreis gewonnen, für den sich auch Österreicher und Schweizer bewerben durften. So wurde der Ausnahmequerulant um das Vergnügen gebracht, ihn abzulehnen. Die letzte Chance hat er nun auch postum verpasst, die Auszeichnung wurde voriges Jahr letztmals vergeben – mit der Begründung, sie sei »unzeitgemäß«. Hintergrund ist die fatale Zentralisierung des ARD-Hörspielwesens, die einen Wettbewerb unter den Ländersendern »wenig plausibel« erscheinen lasse. Die mit dem Preis verbundenen ARD-Hörspieltage finden jedoch weiterhin statt, heuer vom 7. bis 10. November in Karlsruhe; auftreten werden unter anderem Matthias Brandt, Lars Eidinger und Die Sterne.

In die aktuelle Radiowoche fällt das »55. Deutsche Jazzfestival Frankfurt«, der Hessische Rundfunk überträgt von Mittwoch bis Samstag live (jeweils 19.04 Uhr, HR 2 Kultur). Seit der Bundesadler Wirtschaftskriege führt, geht in den Mietskasernen der Pleitegeier um, und wem der Kuckuck klebt, muss rasch handeln. Hinweise im Feature »Leben mit Schulden – Wie den Teufelskreis durchbrechen?« (Mi., 19.05 Uhr, ­Radio 3) oder in der Anrufersendung »Wenn die Privatinsolvenz droht« (Do., 10.08 Uhr, DLF). Eine möglichst originalgetreue Neuproduktion von »Zauberei auf dem Sender« von Hans Flesch will das Frankfurter Radio X am Donnerstag bringen, exakt einhundert Jahre nach der Ausstrahlung dieses ersten deutschen Hörspiels überhaupt, wie damals live und mit nur einem Mikrofon aufgenommen (Do., 20 Uhr). »Ich beendete die Aufnahmen in der bis jetzt größten Krise unseres Landes, die zu seiner geworden ist und auch zu meiner«, hört man die Autorin Sieglinde Scholz-Amoulong sagen im Feature »Der dicke Lipinski« über einen Brigadier im Kraftwerk Jänschwalde, das im Frühjahr und im Herbst 1989 entstand (Stimme der DDR, Sa., 18.04 Uhr, DLF Kultur; So., 20.05 Uhr, DLF).

Das Samstagabendangebot: Oper und Kabarett. Zur Wahl stehen Gaspare Spontinis Dreiakter »La vestale«, mitgeschnitten im Juni in der Pariser Opéra Bastille (19.05 Uhr, DLF Kultur), und das Programm »GHÖST«, mit dem Sonja Pikart, Berni Wagner und Christoph Fritz als »Geheimhauptmannschaft Österreichs zur Verwaltung des Monsterthums« derzeit alle größeren Weiler des Landes heimsuchen (19.05 Uhr, So., 21.30 Uhr, Ö 1). Zeitgeistgemäß verzichtet die Ankündigung eines Großhörspiels über die sogenannte Rote Kapelle auf das Wort Kommunist, die Chronistenpflicht gebietet dennoch einen Hinweis auf die erste Zweiteilerhälfte von »In Liebe, eure Hilde« von Laila Stieler (RBB 2024, So., 18.30 Uhr, DLF Kultur). Wir schließen mit »Zack!«, »Rumms!« und »Würg!«: Michael Schrott präsentiert ein »Stadtporträt Entenhausen/Duckburg« über eine Metropole, die ohne Schwarze, Gewerkschaften, Drogen, Krankheit und Tod auskommt und in der eine asexuelle Generationenfolge durch Veronkelung vollzogen wird (ORF 2024, So., 22.05 Uhr, Ö 1).

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