Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024
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Um Nasenlängen

Von Helmut Höge
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Kann man die Wahrheit riechen? Friedrich Nietzsche konnte es vermutlich: »Mein Genie liegt in meinen Nüstern.« Braucht es dafür einen besonderen Riechkolben? In »Die längsten Nasen meines Lebens«, einer Kurzgeschichte von Karl-Markus Gauß aus seinem Buch »Schiff aus Stein« (2024), geht es um einen »mageren Siebzehnjährigen« und ein »pummeliges Mädchen«, die ihm in einem Waggon der Berliner S-Bahnlinie 7 gegenübersaßen und »die längsten Nasen« hatten, die er jemals sah. Die Nase des Jungen war lang, dünn und spitz, die des Mädchens stark aufgebogen, so dass man »in zwei Nasenlöcher von enormem Ausmaß blickte«. Die zwei »lächelten sich beständig und wortlos an«. Weil sie wussten, dass »sie die beiden Schönsten in dieser S-Bahn waren, und dass es ihre Nasen waren, die sie so schön machten«.

Es gibt in Berlin einen »Club der langen Nasen«, eine Freundin ist Mitglied. Ich finde ja, dass sie keine besonders große Nase hat. Auch eine Kollegin aus dem Osten hat keine große Nase, doch als sie mich einmal bat, mit ihr in einen Weddinger »Thai-Club« zu gehen, wurden sie sogleich von den dort anwesenden Damen umringt – alle lobten ihre schöne lange Nase, was ich bestätigen musste. In Thailand werden Weiße gern »Longnose« genannt.

Im Westberliner Sender SFB stieß ich im Flur des Radios Multikulti auf zwei türkische Redakteure mit einem dicken Pflaster auf ihren Nasen. Ich dachte: Vielleicht haben sie sich wegen eines Sendebeitrags geprügelt und danach wieder vertragen. Als ich das einem Techniker erzählte, lachte er und sagte: »Nein, die beiden haben sich als Weihnachtsgeschenk ihre Nasen chirurgisch korrigieren lassen.«

Auf dem Hof, über dem ich wohne, spielen manchmal junge Araber Fußball. »Mach mal der Kartoffel Platz!« sagte mal einer von ihnen zu mir. Deutsche essen bekanntlich gerne Kartoffeln, ich fragte trotzdem nach und bekam als Antwort: »Weil deine Nase so wie die von vielen Deutschen einer Kartoffel ähnelt. Arabische Nasen sehen adlerartig aus.« Ich betastete meine Nase, fand sie nicht besonders kartoffelförmig, und die Nasen der Jungs sahen auch nicht adlerartig aus.

Von dem französischen Psychiater Edgar Bérillon (1859–1948) gibt es die berühmte »Studie« »Die Psychologie der deutschen Rasse«. Eine Schmähschrift eines entschiedenen Kriegsgegners. Über die »Nase der Deutschen« heißt es, sie sei »nicht zum Riechen erschaffen« worden: »Es ist die Nase von Wachhunden, denen Takt und Gefühl fehlen, und die ausschließlich mit Bellen und Beißen befasst sind (…). Die im oberen Teil eingedrückte Nase kann aufgrund ihrer Häufigkeit als Rassenmerkmal der Deutschen betrachtet werden.« Wegen dieser »Abflachung« hätten sie eine Vorliebe für Brillen, denn ihre Nase sei »nicht in der Lage, einen Zwicker zu tragen«. In Frankreich trugen zu Zeiten des Ersten Weltkrieges sehr viele Intellektuelle einen Zwicker.

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