Parlament am Abzug
Von Karim NatourVor gelichteten Reihen haben die Abgeordneten im Bundestag am Freitag gleich zwei Anträge diskutiert, die sich gegen finstere Mächte und die Feinde des Westens richten. Zunächst ging es um einen FDP-Vorstoß, in dem erneut die Lieferung von »Taurus«-Marschflugkörpern an die Ukraine gefordert wird, damit diese Ziele in Russland angreifen kann. Daneben fordert die FDP auch eine »konkrete Perspektive für einen NATO-Beitritt der Ukraine«. Direkt im Anschluss wurde ein Antrag der Unionsfraktion mit dem Titel »Nordkoreas schädliche Außenpolitik einhegen« debattiert. Beide Entwürfe wurden nach der Debatte zur Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.
In der »Taurus«-Aussprache kritisierte die FDP die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abgelehnte Lieferung der Marschflugkörper. Fraktionschef Christian Dürr warf Scholz vor, »aus parteitaktischen Gründen« nicht das zu liefern, was die Ukraine wirklich brauche. Wer behaupte, mit der Lieferung weitreichender Waffensysteme könne ein Atomkrieg in Europa provoziert werden, bediene »indirekt das russische Narrativ«, so Dürr.
Obwohl in der Sache einig, stellten sich Union und Bündnis 90/Die Grünen nicht hinter den FDP-Vorstoß. Bereits zuvor hatten beide Parteien erklärt, dem Antrag nicht zustimmen zu wollen – aus parteitaktischen Gründen. Trotzdem bekräftigen die Fraktionen, weiter hinter der Lieferung der weitreichenden Hightechwaffe zu stehen. Der CDU-Politiker Johann Wadephul erklärte, wegen Scholz’ »Nein« kämpfe die Ukraine »mit einem Arm auf dem Rücken«. Den Ausführungen von Dürr bescheinigte er aber eine »geringe Glaubwürdigkeit«. Die Grünen-Abgeordnete Deborah Düring sagte, ihre Partei sei der Meinung, es »braucht noch mehr Unterstützung« der Ukraine.
Ralf Stegner (SPD) erklärte, seine Fraktion lehne die Lieferung ab, »weil wir keine Eskalation des Krieges wollen«. Ähnlich argumentierte die BSW-Abgeordnete Sevim Dagdelen. Wer »Taurus«-Lieferungen an die Ukraine fordere, »will nichts anderes als den Kriegseintritt Deutschlands gegen die Atommacht Russland«, so Dagdelen. Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland seien zudem zum Nachteil der hiesigen Bevölkerung und der »größte Angriff auf die soziale Gerechtigkeit seit fast 80 Jahren«. Der AfD-Abgeordnete Stefan Keuter warf der Bundesregierung vor, mit Waffenlieferungen an die Ukraine, »die Maschinerie des Todes« am Laufen zu halten. Es sei »nachvollziehbar, dass eine Großmacht wie Russland vor der eigenen Haustür eigene Sicherheitsinteressen hat und diese auch verfolgt«. Der Linke-Abgeordnete Gregor Gysi nannte es eine »folgenschwere Illusion«, auf einen militärischen Sieg der Ukraine zu setzen.
In dem Antrag zur Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) fordert die Unionsfraktion die Bundesregierung zu noch härteren Sanktionen gegen das ökonomisch gebeutelte Land auf. Das »Regime von Kim Jong Un« bedrohe schon »seit Jahren die Sicherheit in Ostasien durch unverhohlene Kriegsdrohungen gegen Deutschlands strategische Partner Südkorea und Japan«, heißt es in dem Papier. Weitere Forderungen zielen auf die Stärkung der Präsenz der Bundeswehr im Indopazifik. Auch diese Maßnahmen richten sich indirekt gegen Russland und gegen Moskaus verstärkte Militärkooperation mit Pjöngjang – und dienen der Unterstützung Kiews: Westlichen Berichten zufolge werden nordkoreanische Soldaten im Ukraine-Krieg eingesetzt. Daneben wird China vorgeworfen, die Sanktionen gegen Nordkorea zu umgehen.
Der Tenor der Debatte war eindeutig: Nordkorea bedroht im Verbund mit den Schurken Russland und China die freiheitliche Lebensart im Westen – ein Vorwand der gern zur Begründung westlicher Wirtschafts- und Bombenkriege herangezogen wird und sich auch im »Kalten Krieg 2.0« der »Demokratien gegen Autokratien« großer Beliebtheit erfreut. Kritik an dem Vorstoß der Union kam unter anderem von der AfD. Der Abgeordnete Gerold Otten warnte vor einer »noch tieferen Verwicklung in einen indopazifischen Konfliktherd«. Auch die BSW-Abgeordnete Sevim Dagdelen kritisierte die geforderte Erhöhung der Bundeswehr-Präsenz in der Region.
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