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Aus: Ausgabe vom 10.01.2025, Seite 15 / Feminismus
7. Oktober und GAzakrieg

Aufklärung verhindert

7. Oktober und Gazakrieg: Israel verweigert UN-Untersuchung zu sexualisierter Gewalt auf beiden Seiten
Von Ina Sembdner
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Unter Bomben oder in Gefangenschaft Gewalt ausgesetzt: Vertriebene Palästinenserin in Gaza-Stadt (12.11.2024)

Um eigene Verbrechen nicht untersuchen lassen zu müssen, verweigert Israel der UNO weitergehende Ermittlungen zu sexualisierter Gewalt seit dem 7. Oktober 2023. Wie die israelische Tageszeitung Haaretz am Mittwoch berichtete, hat die zuständige UN-Sonderbeauftragte Pramila Patten die Ultrarechtsregierung von Benjamin Netanjahu aufgefordert, ein Rahmenabkommen mit ihrem Büro zu unterzeichnen. Damit wollte Patten ihren eigenen Bericht vom März vergangenen Jahres – der sich auf mutmaßliche Sexualverbrechen seitens »der Hamas« am und seit dem 7. Oktober 2023 fokussierte – mit einer weiteren »Mission in die Region« ergänzen. Diese soll allerdings auch »Berichten über konfliktbedingte sexualisierte Gewalt gegen Palästinenser« nachgehen.

Trotz der Aussicht, dass die palästinensische Gruppe entsprechend möglicher Untersuchungsergebnisse in die schwarze Liste der Vereinten Nationen für Organisationen, die der sexualisierten Gewalt in Konflikten verdächtigt werden, aufgenommen werden könnte, wiegen die offenbar berechtigten Vorwürfe menschenrechtswidriger Bedingungen von Palästinenserinnen und Palästinensern in israelischen Haftanstalten für die Regierung schwerer. Den Berichten von Entlassenen und – etwa im berüchtigten Gefangenenlager Sde Teiman – als Wachpersonal beschäftigten Whistleblowern zufolge erleiden dort nicht nur Frauen sexualisierte Gewalt. In einem »besonders grausamen Fall« – so die UNO – werden fünf Soldaten beschuldigt, einen Inhaftierten mit einem Stab anal penetriert und dabei innere Organe durchstochen zu haben.

Das Public Committee Against Torture in Israel (PCATI) schätzt, dass sich die Zahl der palästinensischen Gefangenen in Israel und im besetzten Westjordanland während des Krieges auf mehr als 10.000 verdoppelt hat. Dabei stützt sich die israelische Antifolterorganisation auf Gerichtsdokumente und Daten, die durch Anfragen zur Informationsfreiheit erhalten wurden. Unter den Gefangenen befinden sich 6.000 Menschen aus Gaza, wie Reuters vom israelischen Militär erfuhr und Ende Dezember berichtete.

Während der Vorwurf – vor allem der des systematischen Einsatzes sexualisierter Gewalt – gegenüber »der Hamas« bislang nicht unabhängig substantiell untermauert werden konnte, prangerte Patten schon am 9. September vergangenen Jahres die »sehr beunruhigenden Berichte über sexualisierte Gewalt und andere unmenschliche und erniedrigende Handlungen« an palästinensischen Männern und Frauen an. Diese könnten »sexualisierter Folter« gleichkommen. Dazu gehörten »weitverbreitete sexuelle Verunglimpfungen und die Androhung von Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen, wiederholte und erniedrigende Leibesvisitationen und längere erzwungene Nacktheit, Schläge und Elektroschocks an Genitalien und Anus, das Einführen von Gegenständen in den Anus von Gefangenen, unangemessene Berührungen von Frauen durch männliche und weibliche Soldaten sowie das Fotografieren oder Filmen von nackten oder teilweise unbekleideten Gefangenen in erniedrigenden Positionen«.

Die ehemalige leitende Staatsanwältin für den südlichen Bezirk in Israel, Moran Gaz, Teil des Teams »7.10« und darin auch für Sexualverbrechen zuständig, räumte am 27. Dezember gegenüber dem israelischen Portal Ynet ein, dass es »sehr schwierig« sein wird, »diese Straftaten nachzuweisen«, da es »keine Ankläger« gebe. Die Opfer seien entweder ermordet worden oder nicht bereit, sich zu offenbaren. Frauenrechtsorganisationen hätten auf Nachfrage von Gaz ebenfalls erklärt, dass keine Betroffene Kontakt mit ihnen aufnehme.

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