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Aus: Ausgabe vom 21.01.2025, Seite 6 / Ausland
Kroatien

Rechte Regierung angezählt

Kroatien: Wiedergewählter Präsident auf Konfrontationskurs mit konservativem Premier
Von Slavko Stilinović
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Wahlsieger im Konfettigewitter: Auch in der zweiten Runde lag Zoran Milanović weit vorne (Zagreb, 12.1.2025)

Nach den Präsidentschaftswahlen bleibt die Lage in Kroatien von Spannungen geprägt. Der am 12. Januar im Amt bestätigte Zoran Milanović ist bekannt für seine kritische Haltung gegenüber Premierminister Andrej Plenković und dessen bereits wegen Korruption verurteilter konservativer Partei HDZ. Der Vorwurf des früheren Parteichefs der sozialdemokratischen SDP lautet, dass diese die Interessen der EU und NATO über die Kroatiens stellten, während ihm der Regierungschef vorhält, im Interesse Russlands zu handeln. In diesem Konflikt scheint sich kein Ende abzuzeichnen.

Am Freitag richtete Milanović ein dringendes Schreiben an Plenković mit dem Vorschlag, eine Sitzung des Verteidigungsrates einzuberufen. Dazu sprach er drei Hauptthemen an: die Verteidigungsstrategie, den langfristigen Entwicklungsplan für die Armee und die Änderung des Verteidigungsgesetzes in bezug auf die Wehrpflicht, die nach Regierungsplänen in Koordination mit der NATO nach mehr als 15 Jahren wiedereingeführt werden soll. Hintergrund von Milanovićs Initiative ist, dass der Präsident in Kroatien zwar ähnlich wie in Deutschland hauptsächlich eine repräsentative Rolle einnimmt. Allerdings ist er der militärische Oberbefehlshaber.

Premierminister Plenković reagierte aus Berlin von einem zweitägigen Treffen der Führungskräfte der Europäischen Volkspartei (EVP) auf das Schreiben und betonte, dass die Regierung und das Verteidigungsministerium bereits Entwürfe zu diesen Themen erarbeitet hätten. Er schlug vor, diese Dokumente dem Präsidenten zur Überprüfung zu übermitteln, um mögliche Ergänzungen zu berücksichtigen, bevor formelle Treffen stattfänden. Er betonte die Notwendigkeit, die Position Kroatiens zum Ukraine-Krieg zu diskutieren und den Standpunkt des Präsidenten zu klären. Plenković stellte klar, dass die kroatische Regierung weiterhin die Ukraine auf verschiedene Weise unterstütze.

Abschließend betonte der Premierminister die Bedeutung einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Regierung und Präsidentschaft, um anstehende Fragen im Interesse Kroatiens zu lösen. Er hat aber auch angekündigt, gemeinsam mit dem Parlamentspräsidenten und Parteikollegen Goran Jandroković von Milanovićs Vereidigung fernzubleiben. Das ist in der modernen kroatischen Geschichte noch nie passiert und wird die bereits angespannten Beziehungen der beiden mächtigsten Männer im Land sicherlich nicht verbessern. Die Medien spekulieren noch darüber, ob rechte Machthaber aus der Nachbarschaft wie Viktor Orbán oder Milorad Dodik zur Amtseinführung eingeladen werden und an welchem Ort sie stattfinden wird. Beim letzten Mal wählte Milanović das Büro des Präsidenten für die Zeremonie, die entsprechend überschaubar ausfiel. Am 19. Februar endet die aktuelle Amtszeit des Sozialdemokraten, unklar ist bislang das genaue Datum der Amtseinführung.

Der als unabhängiger Kandidat angetretene Milanović hatte sich – unterstützt unter anderem von den Sozialdemokraten – in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen am 12. Januar mit 74,68 Prozent klar sein zweites und damit letztes Mandat gesichert. Sein Herausforderer war der parteilose Mediziner Dragan Primorac, der die liberalen bis rechten Regierungsparteien hinter sich hatte. Er blieb mit 25,32 Prozent deutlich unter den Ergebnissen seiner Unterstützer bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr. Damals hatte die regierende HDZ 34,4 Prozent erzielt und ihr Koalitionspartner »Heimatbewegung« 9,4 Prozent. Jetzt aber wendete sich das Blatt, und so wählte laut Umfragen sogar jeder fünfte HDZ-Wähler Milanović.

Schon einen Sieg aus dem Stand in der ersten Runde der Wahlen, wie er das erste und letzte Mal Staatsgründer Franjo Tuđman gelungen war, hatte Milanović mit 49,09 Prozent der Stimmen nur knapp verfehlt. Angesichts des schlechten Abschneidens des Rechtskandidaten sprechen manche Oppositionspolitiker bereits vom Anfang des Endes von Premier Plenković, der sich in seiner dritten Amtszeit befindet. Am Wochenende folgte für ihn ein weiterer Rückschlag: Sein Vize Josip Dabro von der nationalistischen »Heimatbewegung« trat zurück, nachdem ein kompromittierendes Video publik geworden war. Dabro, der auch Landwirtschaftsminister war, ist darin zu sehen, wie er während einer Autofahrt mit einer Pistole durch das Fenster hinausschießt, offenbar zum Spaß. Auf Facebook erklärte er, dass er keine »zusätzliche Belastung sowohl für die Regierung als auch meine Partei darstellen« wolle.

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