Trump will weiter »normalisieren«
Von Knut Mellenthin
US-Präsident Donald Trump setzt seine zweite Amtszeit dort fort, wo er vor vier Jahren aufhören musste. Sein erster offizieller ausländischer Gesprächspartner am Telefon war am Mittwoch (Ortszeit) der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman, der faktisch heute schon anstelle seines Vaters regiert. Trump träumt davon, Saudi-Arabien zur »Normalisierung« seiner Beziehungen mit Israel bringen zu können und damit einen Dominoeffekt auf die gesamte islamische Welt auszulösen. Israels »Abraham Accords« mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und Sudan 2020 waren der einzige bedeutende außenpolitische Erfolg in der ersten Amtszeit des von sich selbst überzeugten Milliardärs.
Dass Trump mit dem Kronprinzen über das Thema »Normalisierung« gesprochen hat und dabei auch die gemeinsame Frontbildung gegen den Iran erwähnte, ist mit einem sehr hohen Grad an Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Aber leider gibt es über das Gespräch bisher keine Notiz aus dem Weißen Haus, und in der kurzen Zusammenfassung der staatlichen saudi-arabischen Presseagentur heißt es lediglich, es sei über die Zusammenarbeit beider Länder bei der »Förderung von Frieden, Sicherheit und Stabilität« im Nahen und Mittleren Osten sowie über die »Stärkung der bilateralen Kooperation zur Bekämpfung des Terrorismus« gesprochen worden. Weiter heißt es, dass der Kronprinz Saudi-Arabiens Absicht bekräftigt habe, in den nächsten vier Jahren 600 Milliarden US-Dollar und möglicherweise sogar noch mehr in den USA zu investieren.
Trump überließ es am Mittwoch seinem Außenminister Marco Rubio, mit Benjamin Netanjahu zu telefonieren, um ihm zu versichern, dass die »unerschütterliche Unterstützung der USA für Israel« eine Toppriorität für den US-Präsidenten bleibe. Rubio gratulierte dem israelischen Regierungschef zu den »Erfolgen« gegen Hamas und Hisbollah, und übermittelte gleichzeitig die Erwartung, »sich mit den von Iran ausgehenden Gefahren auseinanderzusetzen«. Mit seinem Amtskollegen in den Emiraten sprach Rubio am selben Tag die »langfristige Nachkonfliktplanung« für Verwaltung und Sicherheit des Gazastreifens an. Das war neben »gemeinsamen Interessen« in Syrien und im Libanon auch Gegenstand eines Telefongesprächs zwischen Rubio und Kronprinz bin Salman.
Auffallend ist, dass dieser Punkt nicht auch in der offiziellen Kurzmitteilung des US-Außenministeriums über Rubios Gespräch mit Netanjahu erscheint: Der Premierlehnt es kategorisch ab, auch nur andeutungsweise seine Vorstellungen zur Zukunft des Gazastreifens zu offenbaren. Offensichtlich ist nur, dass Netanjahu keine demokratisch legitimierten Palästinenser an der künftigen Verwaltung des Gebiets beteiligen will. Er steht zudem unter starkem Druck seiner ultrarechten Koalitionspartner und Teilen seiner eigenen Likud-Partei, die ganz offen eine »Wiederbesiedlung« des Gazastreifens und die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung anstreben.
Trumps Nahostbeauftragter Steve Witkoff gab sich am Mittwoch im rechten US-Sender Fox News überzeugt, dass der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas einen Schritt näher an die »Normalisierung« zwischen dem zionistischen Staat und seinen arabischen Nachbarn heranführen werde. Jetzt könne man »jeden in der Region an Bord holen«.
In der Hauptsache ist damit offenbar Saudi-Arabien gemeint. Der Kronprinz beharrt bisher auf dem Standpunkt, dass es keine diplomatischen Beziehungen mit Israel geben werde, solange dieses keine Fortschritte in Richtung eines unabhängigen palästinensischen Staates erkennen lässt. Falls bin Salman es mit dieser Festlegung ernst meint, ist eine »Normalisierung« zwischen Riad und der israelischen Regierung ausgeschlossen, nachdem die Knesset im Juli vergangenen Jahres mit großer Mehrheit eine Resolution beschlossen hat, die die Bildung eines Palästinenserstaates grundsätzlich ablehnt. Nur die Abgeordneten der arabischen Parteien stimmten dagegen.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (23. Januar 2025 um 21:54 Uhr)Was ist stärker, Petrodollars versilbern oder politische Prinzipien? Bei Saudi Arabien habe ich eher die Silber-Theorie im Sinn.
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