Eigentlich wollen sie reden
Von Knut Mellenthin
In Israel sind sich alle relevanten Parteien schon seit mehreren Monaten einig, dass man in nächster Zeit das iranische Atomprogramm angreifen und gleichzeitig auch einen großen Teil der Infrastruktur der Islamischen Republik zerstören müsse. Weitgehende Übereinstimmung besteht aber auch darin, dass bei der zeitlichen Planung Rücksicht auf die USA genommen werden soll.
Aber deren Präsident Donald Trump, der am Montag seine zweite Amtszeit angetreten hat, will zunächst mit »diplomatischen Mitteln« vorgehen. Während einer Pressekonferenz im Oval Office sagte er am Donnerstag auf eine Journalistenfrage, ob er Israel bei einem Angriff auf die iranischen Atomanlagen unterstützen würde: »Natürlich werde ich diese Frage nicht beantworten.« Er fuhr fort: »Es wäre wirklich schön, wenn das erledigt werden könnte, ohne dass man diesen weitergehenden Schritt tun müsste. (…) Iran wird hoffentlich einen Deal machen, und wenn sie keinen machen, nehme ich an, ist das auch okay.« Trump sprach dann, ohne Einzelheiten preiszugeben, davon, dass er in den kommenden Tagen »sehr hochrangige Leute« treffen werde, um über das Thema zu diskutieren.
Yaron Avraham, Korrespondent des israelischen Privatsenders Kanal 12, zitierte in diesem Zusammenhang ein anonymes Mitglied der Trump-Administration mit der Aussage, der Präsident sei gegen einen israelischen Angriff und glaube an einen Deal. Trump sei von der Vorstellung eines Angriffs auf Iran »alarmiert« und glaube, dass er die Iraner dazu bringen könnte, einer »sehr restriktiven« Vereinbarung zuzustimmen.
Dass auf jeden Fall verhandelt werden sollte, ist auch die erklärte Position der iranischen Regierung unter dem seit Ende Juli vergangenen Jahres amtierenden Präsidenten Massud Peseschkian. Um dies der »Weltöffentlichkeit« zu kommunizieren, schickte er in dieser Woche einen seiner Stellvertreter, den für »Strategischen Angelegenheiten« zuständigen Mohammad Dschawad Sarif, zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. Der weltgewandt, charmant, besonnen, aber auch listig auftretende Sarif hat in den USA ab seinem 17. Lebensjahr zunächst eine private Oberschule und anschließend mehrere Universitäten besucht und dort Abschlüsse im Fach Internationale Beziehungen gemacht. Er war Irans Außenminister, als im Juli 2015 das internationale Abkommen (JCPOA) in Wien vereinbart wurde, das zeitlich befristete Beschränkungen des iranischen Atomprogramms und im Gegenzug die Aussetzung zahlreicher Sanktionen vorsah. Trump verkündete im Mai 2018 den Austritt der USA aus dem JCPOA und ließ alle Sanktionen wieder in Kraft treten.
Trotz dieser eindeutigen Erfahrung mit Trump gab sich Sarif bei Diskussionen in Davos optimistisch: »Es besteht immer die Hoffnung, dass Menschen sich für die Rationalität entscheiden. Ich hoffe, dass diesmal ein ›Trump 2‹ ernsthafter, zielorientierter und realistischer sein wird.« Sarif betonte zugleich, dass Iran keine Atomwaffen produzieren wolle: »Hätten wir das gewollt, hätten wir es schon vor langer Zeit getan.« Er erinnerte daran, dass Benjamin Netanjahu erstmals 1995, also vor 30 Jahren, »prophezeite«, dass Iran kurz vor dem Bau von Atomwaffen stünde, wenn man die Islamische Republik nicht gewaltsam daran hindern würde.
Die Verhandlungsbereitschaft von Peseschkian und Sarif ist allerdings im Iran umstritten. Viele »konservative« Politiker, die die Mehrheit im Parlament stellen, sehen in Gesprächen mit den USA keinen Sinn und halten sie für schädlich.
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