Auf der Straße für Rojava
Von Nick BraunsMit Kundgebungen und Demonstrationen ist am Wochenende in einer Reihe von deutschen Städten der Befreiung der syrisch-kurdischen Stadt Kobani vor zehn Jahren gedacht worden. Am 26. Januar 2015 war es einigen hundert nur leichtbewaffneten Männern und Frauen der kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ allerdings mit Unterstützung der US-Luftwaffe gelungen, die mit Panzern vorrückenden Kämpfer der Dschihadistenmiliz »Islamischer Staat« (IS) wieder aus der Stadt an der türkischen Grenze zu vertreiben. Es war die erste Niederlage des IS auf seinem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg im Irak und in Syrien.
Zum Feiern zumute war den Teilnehmern der Kundgebungen unter anderem in Berlin, Hannover, Leipzig, Bremen und Kiel indessen nicht. Denn heute ist Kobani erneut bedroht – durch den NATO-Staat Türkei, dessen Armee die Stadt belagert. Zudem versuchen von der Türkei unterstützte Söldner, darunter IS-Kämpfer der sogenannten Syrischen Nationalarmee, seit Wochen, den Tischrin-Staudamm am Euphrat einzunehmen, um auf das Gebiet der auch als Rojava bekannten Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien auf der östlichen Seite des Flusses zu gelangen.
An der Demonstration mit mehreren hundert Teilnehmern in Berlin beteiligten sich neben Mitgliedern der Freien Kurdischen Gemeinde, Nav Berlin, und des kurdischen Frauenrats Dest-Dan auch internationalistische Solidaritätsgruppen wie »Women Defend Rojava« sowie kommunistische Vereinigungen aus Deutschland und der Türkei. In einer Schweigeminute wurde unter anderem der rund 20 Zivilisten gedacht, die in den vergangenen Tagen bei türkischen Drohnenangriffen auf eine Friedensmahnwache am Tischrin-Damm getötet wurden. Rednerinnen betonten die Errungenschaften der »Rojava-Revolution«, insbesondere die führende Rolle von Frauen, sowie den multiethnischen Ansatz, der Kurden, Araber, Assyrer und andere Volksgruppen gleichberechtigt unter dem Dach einer »demokratischen Nation« vereint und somit wegweisend für das neue Syrien nach dem Sturz von Assad sein könne. Gefordert wurde ein Stopp der im vergangenen Jahr steil angestiegenen deutschen Rüstungsexporte in die Türkei.
Am Rande einer Rojava-Kundgebung in der Kieler Innenstadt wurde am Sonnabend ein kurdischer Aktivist bei einer Messerattacke verletzt. Zwei arabische Syrer hätten die Teilnehmer erst angepöbelt und sich zugunsten des IS geäußert, berichtete die kurdische Nachrichtenagentur ANF unter Berufung auf ein Mitglied des Demokratischen Gesellschaftszentrums der Kurden in Kiel. Im Zuge der verbalen Auseinandersetzung habe einer der Männer plötzlich ein Messer gezogen und auf den Kurden Muhammed Ilhan A. eingestochen. Der 28jährige A., der 2022 vor Repression in der Türkei nach Deutschland geflohen war, wurde schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Sein Zustand sei stabil, und er befinde sich weiterhin im Krankenhaus, wie die Polizeidirektion Kiel am Sonntag angab. Nachdem die Polizei Hinweise zum flüchtigen Tatverdächtigen und seinem Aufenthaltsort ermitteln konnte, habe sich dieser nach einer telefonischen Kontaktaufnahme selbst gestellt. Der 25jährige, gegen den ein Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung eingeleitet wurde, sei nach Beendigung der polizeilichen Maßnahmen wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden, so die Polizei, die keine weiteren Angaben zu den Tathintergründen machen wollte, in ihrer Pressemeldung.
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