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Aus: Ausgabe vom 30.01.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Armut in Spanien

Hilfen werden verlängert

Spaniens Regierung einigt sich mit Regionalpartei auf Sozialmaßnahmen
Von Frederic Schnatterer, Madrid
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Es ist ein Erfolg für die spanische Regierung, ebenso wie für besonders bedürftige Teile der Bevölkerung des Landes: Am Dienstag nachmittag hat Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez in Madrid vor der Presse verkündet, sich mit der katalanischen Partei Junts per Catalunya von Carles Puigdemont auf ein Sozialpaket geeinigt zu haben. Gewerkschaften sowie die Linkspartei Podemos begrüßten die Einigung als wichtigen Schritt.

Nun können mehrere Maßnahmen, die für Millionen Spanier spürbare Erleichterungen im Alltag bedeuten, im Parlament verlängert werden. Dazu zählen insbesondere eine Anhebung der Renten um 2,8 Prozent und damit in Höhe des Anstiegs des Verbraucherpreisindex. Von der Maßnahme profitieren insgesamt rund zwölf Millionen Rentnerinnen und Rentner. Auch die weitere Subventionierung des öffentlichen Verkehrswesens gehörte zu den zentralen Forderungen von Gewerkschaften und Linksopposition. Wie bereits seit 2022, als infolge der Sanktionen gegen Russland die Preise für Treibstoffe in die Höhe schnellten, sind die Tickets seit Mittwoch sowohl für den Nah- als auch für den Fernverkehr wieder stark reduziert oder sogar komplett kostenfrei.

Hinzu kommen weitere Maßnahmen, wie die Verlängerung von Hilfen für Wasser und Strom für besonders Bedürftige bis Ende des Jahres. Aufgrund des »unzureichenden Angebots an erschwinglichem Wohnraum« bleiben Zwangsräumungen von Familien »in prekären Situationen« wegen ausgefallener Mietzahlungen offiziell verboten; in der Praxis kommt es allerdings immer wieder dazu, dass Mieter auf die Straße gesetzt werden. Im Gegenzug für ihre Zustimmung erreichte die neoliberale Partei Junts, dass der Staat Vermietern Ausfälle infolge von Zahlungsausfällen erstattet. Auch die Kredite für von der verheerenden Flut Ende Oktober in Valencia Betroffene wurden verlängert, ebenso wie die Gelder zur Finanzierung des Wiederaufbaus der Kanareninsel La Palma, die noch immer mit den Zerstörungen infolge des Vulkanausbruchs 2021 kämpft.

In der vergangenen Woche war die Minderheitsregierung aus Sánchez’ PSOE und dem Koalitionspartner Sumar im Parlament daran gescheitert, das sogenannte Omnibusdekret zu verlängern. Neben dem rechtskonservativen Partido Popular (PP) und der ultrarechten Vox-Partei stimmten auch die katalanischen Junts, auf deren Stimmen die Koalitionsregierung neben denen einer ganzen Reihe regionaler Parteien angewiesen ist, gegen das Paket. Im Gegenzug für die jetzt ausgehandelten Maßnahmen erhält Junts die Zusage, dass der Kongress über eine Vertrauensfrage für Sánchez verhandeln wird. Eine solche letztlich zu stellen wäre allerdings Sache des Premiers – und der kündigte am Dienstag an, dass er einem derartigen Antrag nicht stattgeben würde.

Andere Teile des »Omnibusdekrets« fallen indes erst einmal unter den Tisch. So werden die Zahlungen an die autonomen Gemeinschaften nicht angehoben. Auch die Subventionierung von Elektroautos sowie die Senkung der Strompreise für die Großbetriebe bleiben zunächst auf der Strecke. Allerdings zeigte sich Sánchez am Dienstag zuversichtlich, die Maßnahmen bereits »in wenigen Wochen« beschließen zu können, da sie »gut für das Land« seien. Auch dürfte der Druck der Unternehmer groß sein.

Ohnehin gibt sich Sánchez selbstbewusst – angesichts der fehlenden Mehrheit seiner Koalition durchaus bemerkenswert. Der Chef des PP, Alberto Núñez Feijóo, bescheinigte der Regierung indes zum wiederholten Male, »aufgebraucht« zu sein. Die Linkspartei Podemos erinnerte daran, dass sie es gewesen war – damals noch als Teil der Koalitionsregierung –, die das Hilfspaket 2022 erst durchgesetzt hatte. Sie forderte Sánchez in einer Erklärung dazu auf, das Omnibusdekret »in seiner Gesamtheit und ohne Schnickschnack« durchzusetzen. Die Gewerkschaftsverbände CGT und Comisiones Obreras wollen zunächst an für den kommenden Sonntag in ganz Spanien geplanten Demonstrationen festhalten, um die Haltung von PP, Vox und Junts zu skandalisieren. Diese bezeichneten sie als »beispiellose Aggression gegen die soziale Mehrheit, die sich besonders auf die Schwächsten, die Arbeiter- und Volksklassen, auswirkt«.

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