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Aus: Ausgabe vom 01.02.2025, Seite 11 / Feuilleton
Innenpolitik

Durchgestochen – Kanzlerkandidaten unter sich

Von Pierre Deason-Tomory
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Es kann nur eine(n) geben

Nach dem Antragstheater im Bundestag steht das Vierkasperduell im Fernsehen an: Scholz, Merz, Habeck und Weidel sitzen bei RTL in der Maske und werden zurechtgepudert. Der Kanzlerkandidat der CDU bricht als erster das Schweigen.

Merz: Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler, ich möchte Ihnen im vorhinein versichern, dass ich es natürlich nicht so meine, wenn ich Sie gleich wieder zur Sau mache. Wir sind Profis. Ich werde Sie nach meinem Wahlsieg mit fürstlichen Ämtern entschädigen.

Scholz: Sie sollten nicht den Bären aufbinden, bevor sein Fell nicht erlegt ist. Die Wahl gewinne ich.

Merz: Sie haben kei! Ne! Chance!

Scholz: Ich habe vor wenigen Minuten den Namen Boris Pistorius angenommen und bin jetzt also Umfragekönig. Sie sind am Arsch, mein Lieber.

Weidel: Wollen Sie sich nicht gleich noch umoperieren lassen?

Scholz: Nein. Wer wählt schon eine Bora Pistoria.

Merz: Im Ernst, was machen Sie nach Ihrer Niederlage, Olaf? Werden Sie mein Finanzminister! Sie haben das Zeug dazu. Ihr Wort ist nichts wert, Sie waren bis neulich strikter Befürworter der Schuldenbremse, und in der Cum-Ex-Affäre haben Sie dichtgehalten. Sie sind untalentiert, aber zuverlässig.

Weidel: Was tippen Sie die ganze Zeit in Ihr Handy, Herr Habeck? Dichten Sie gerade Kopftuchmädchenkinderbuchpornos?

Habeck: Ich schreibe mit, was ihr so erzählt, ich soll das der jungen Welt durchstechen.

Merz: Sie arbeiten für die Kommunistenzeitung?

Habeck: Nicht freiwillig. Die haben Bilder von mir mit Söder und drei Saudis beim Italiener …

Mit »Italiener« meint Habeck das »Corleone« in Berlin, Potsdamer Platz, 20. Stockwerk, schöne Aussicht, sehr diskret. Treffpunkt der parteiübergreifenden Ravioli-Connection, und eben gerade sitzt Christian Lindner hier mit Sarah Wagenknecht vor einer von uns verwanzten Pflanze. Sie wollen auf dem Tablet die Fernsehsaalschlacht anschauen, bei der sie nicht mitmachen dürfen.

Lindner: Es läuft scheiße. Für meine FDP und für euch.

WK: Ja. Oskar plant schon die nächste Partei.

Lindner: Vergiss ihn. Wir zwei sollten nach der verkackten Wahl einen neuen Laden aufmachen, du und ich! Wir fluten das Internet mit Doppelportraits in Bonbonfarben! Darunter zackig: Steuern runter! Vaterland vor! Grenzen zu! Flüchtlinge raus!

WK: Da müsste schon noch ein bisschen Sozialklimbim dazu.

Lindner: Natürlich sozial! Vor der Wahl. Danach: Löhne runter, Gewerkschaften raus – und der Laden läuft wieder wie bei olle Heinz Erhardt!

WK: Ludwig Erhard. Egal. Funktioniert nicht. Dein Programm wäre exakt AfD, und die holt damit nur 20 Prozent.

Lindner: Weil die Leute Schiss haben, dass die AfD den Rechtsstaat abschaffen würde.

WK: Andersrum. Wenn die Brüder offen sagen würden, was sie wollen – den Rechtsstaat abschaffen –, dann hätten sie eine Mehrheit …

Der RTL-Regisseur kommt in die Maske und eröffnet den vier Kanzlerkandidaten, dass es eine geringfügige Änderung im Ablauf geben würde. Herr Elon Musk werde live aus Texas zugeschaltet an der Debatte teilnehmen.

Merz: Warum das denn?

Regie: Weil er dafür zahlt.

Scholz: Warum wurde uns das nicht vorher gesagt?

Regie: Dafür zahlt er auch.

Habeck: Und wenn der jetzt den Hitlergruß macht?

Regie: Wird er nicht. Er hat sich vertraglich dazu verpflichtet, nicht den Hitlergruß zu machen. Wir haben uns auf »Sieg Heil!« geeinigt.

Scholz: Das ist unerträglich!

Regie: Ich gebe Ihnen einen Rat, meine Herren. Gewöhnen Sie sich daran.

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