Solidarität wird geahndet
Von Henning von StoltzenbergDer seit einiger Zeit angekündigte Prozess gegen Daniela Klette beginnt am 25. März im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts Celle. Das teilte eine Sprecherin des Landgerichts Verden am Dienstag mit. Die Anklage wirft der 66jährigen, die mutmaßlich einst Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF) war, versuchten Mord, unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor. Die vorgeworfenen Delikte – 13 Raubüberfälle – fallen allerdings in die Zeit nach der Auflösung der RAF im Jahr 1998. Die vorgeworfenen Tatbestände hätten keinen »terroristischen Hintergrund«, wie die Ermittler betonen.
Klette war Ende Februar 2024 in ihrer Wohnung in Berlin-Kreuzberg, wo sie unter falschem Namen lebte, von einem martialischen Polizeiaufgebot festgenommen worden. Es folgte eine wochenlange Hatz mit fast täglichen Lageberichten auf die ebenfalls untergetauchten ehemaligen RAF-Mitglieder Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg, die aber erfolglos blieb. Klette sitzt seit ihrer Festnahme im Frauengefängnis in Vechta. Die Untersuchungshaft wurde bereits einmal verlängert.
Die Staatsanwaltschaft Verden ermittelt seit Jahrzehnten gegen Klette, Garweg und Staub, die einst der sogenannten dritten Generation der RAF zugerechnet wurden. Das Trio soll zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein ausgeraubt haben, um das Leben in der Illegalität zu finanzieren. Dabei sollen rund drei Millionen Euro erbeutet worden sein. Laut Anklageschrift verwendeten sie bei ihren Überfällen Schusswaffen und Elektroschocker. Klette soll demnach meist die Fahrerin des Fluchtautos gewesen sein.
Ein wesentlicher Punkt ist die Anklage wegen versuchten Mordes im Zusammenhang mit einem Überfall in Stuhr südlich von Bremen. Dabei soll im Juni 2015 mehrfach auf einen Geldtransporter geschossen worden sein. Zwei Schüsse drangen laut Ermittlungsbehörden dabei in die Fahrerkabine ein, die Geldboten blieben dabei unverletzt. Die Staatsanwaltschaft wertet die Schüsse dennoch als Mordversuch, das Oberlandesgericht Celle sieht hingegen keinen dringenden Tatverdacht wegen versuchten Mordes. Die Verteidigung von Klette betonte wiederholt, dass nicht gezielt auf den Fahrer des Geldtransporters geschossen wurde.
Das Gericht weicht aus Platzgründen zunächst auf den Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts Celle aus. Ab Sommer solle der Fall dann im Landgericht in Verden verhandelt werden. Unabhängig von dem nun angesetzten Prozess wirft die Bundesanwaltschaft dem Trio die Beteiligung an Anschlägen vor. Klette wird versuchter Mord in zwei Fällen sowie Mittäterschaft bei Sprengstoffexplosionen in der Zeit von Februar 1990 bis März 1993 vorgeworfen. Die bloße Mitgliedschaft in der RAF ist inzwischen verjährt.
Die Ermittlungsbehörden üben seit der Festnahme Druck auf alle Personen aus, die sich solidarisch mit der Inhaftierten erklären. Auf Besuchsanträge folgten mehrfach Vorladungen bei der Bundesanwaltschaft. Klette versteht sich selbst weiterhin als linke Aktivistin und Revolutionärin. In einem vom Schauspieler Rolf Becker vorgetragenen Grußwort auf der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz erklärte sie, der anstehende Prozess gegen sie sei ein Prozess gegen eine emanzipatorische, linksradikale und antikapitalistische Opposition; sie freue sich über Prozessbeobachtung und jegliche Form der Solidarität.
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