Trumps Zollpolitik
Von Lucas Zeise
Am 1. Februar eröffnete Donald Trump den angekündigten Handelskrieg: 25 Prozent Zoll auf alle Importe aus Kanada und Mexiko sowie ein zehnprozentiger Aufschlag auf alle Importwaren (einschließlich der bereits erhobenen Zölle) auf Waren aus China. Es wird ernst, fand man sogar an der Börse, wo die Aktienkurse in Amerika und Europa einen Rückschlag von dem seit Trumps Wahl zum US-Präsidenten kräftig gestiegenen Kursniveau erlebten. Der mexikanische Peso fiel zum US-Dollar um drei Prozent. Schon am Montag wurden die Zölle gegen Mexiko und am Dienstag auch die gegen Kanada fürs erste um 30 Tage aufgeschoben. Die beiden Nachbarländer hatten sich dafür laut US-Angaben zu neuen Kontrollen beim Personenverkehr über die Grenze bereiterklärt. Die Börsen erholten sich ab Mittwoch beträchtlich. Der deutsche Aktienindex Dax stieg auf ein neues Rekordniveau, also höher als vor der kleinen Handelsstreitepisode.
Alles also nur Show fürs Publikum? Wahrscheinlich nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Trumps Plan, Zölle gegen die wichtigsten Handelspartner zu erheben, ernst gemeint ist. Die von ihm während seiner ersten Amtsperiode installierten Zölle gegen China sind auch von der Biden-Regierung großenteils nicht aufgehoben worden, diejenigen auf Stahl (25 Prozent) und Aluminium (zehn Prozent) aus der EU sind nur bis März dieses Jahres ausgesetzt worden. Ganz wie es Trump jetzt plant, lockte Biden zusätzlich Kapital (Direktinvestitionen) ins Land, um den Trend der Deindustrialisierung zu stoppen und das gewaltige Defizit im Außenhandel zu reduzieren. Biden bot, ganz wie die Regierungen anderer Länder, den Kapitalisten der Welt zusätzliche Zuschüsse und Steuervorteile für Investitionen in den USA an. Diese Politik ist seit den 1980er Jahren, den Zeiten einer Margaret Thatcher in Großbritannien und eines Ronald Reagan in den USA, neoliberaler Standard, führt aber dank der größer gewordenen Konkurrenz der Staaten um die Gunst der Investoren allein immer weniger zum Erfolg.
Das US-Defizit im Außenhandel ist ein altes Problem. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wiesen die USA durchweg gegenüber dem Rest der Welt einen satten (während der Weltkriege einen riesigen, bis zu sechs Prozent des jeweiligen BIP der USA ausmachenden) Außenhandelsüberschuss auf. Das endete mit dem Ende des Bretton-Woods-Abkommens zu Beginn der 1970er Jahre. Von da an stieg das Defizit auf ein Hoch von ebenfalls etwa sechs Prozent am BIP kurz vor der Finanzkrise 2007/2008. Danach ging es (krisenbedingt und dank steigender Öl- und Gasproduktion in den USA) auf heute über vier Prozent zurück.
Für die US-Volkswirtschaft ist dieses große Defizit kein Problem. Es wird jedes Jahr durch die enormen Finanzzuflüsse locker ausgeglichen. Man kann sagen, das Handelsdefizit stellt die andere Seite der enorm positiven Kapitalflussrechnung dar. Der US-Dollar bleibt hoch, und zwar so hoch, dass sich die reichere Hälfte der US-Bürger viele Importwaren leisten kann. Wenn Trump durch Zölle die Einfuhr von Waren vermindert und nebenbei höhere Staatseinnahmen generiert, sieht das wie ganz vernünftige Politik aus. Der US-Dollar wird aber am Devisenmarkt dadurch noch teurer, und somit werden Importe von Waren und Geldkapital angelockt. Handelsdefizit und Deindustrialisierung bleiben.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (7. Februar 2025 um 22:07 Uhr)Zitat: »Für die US-Volkswirtschaft ist dieses große Defizit kein Problem.« Wie kann ein Wirtschaftsjournalist eine solche Behauptung aufstellen? Die Staatsverschuldung der USA übersteigt längst das gesamte nationale Vermögen! Früher oder später wird sich diese Schieflage nicht mehr kaschieren lassen. Mit den Schlussfolgerungen stimme ich vollkommen zu: Der Dollar bleibt weiterhin überbewertet, und dadurch kann eine Neuindustrialisierung nicht stattfinden! Ein echter Neuanfang für die USA wird erst möglich – und sogar dringend notwendig –, wenn der Dollar auf seinen realen Marktwert abgewertet wird. Daran wird kurzfristig sogar von der gesamten antiwestlichen Welt gedränt.
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