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Aus: Ausgabe vom 08.02.2025, Seite 11 / Feuilleton
Kino

Die Genremaschine

Romantik und Komödie, Roboter und Programm: Drew Hancocks Science-Fiction-Thriller »Companion«
Von Holger Römers
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Eine Maschine kennt keinen Schmerz, aber die Flammen der Liebe

Der Protagonistin des Films »Companion – Die perfekte Begleitung« wurde der Glaube an romantischen Kitsch buchstäblich einprogrammiert. Gleich in der Anfangsszene erklärt Iris (Sophie Thatcher) aus dem Off, dass ihre Begegnung mit Josh (Jack Quaid) der erste prägende Moment ihrer Existenz war. Während wir einen scheuen Blickwechsel beobachten, mit dem eine ebenso bedingungslose wie einseitige Liebe beginnt, keimt bei uns Zuschauern freilich schon die Skepsis – bevor Iris als zweites einschneidendes Erlebnis den Tod dieses Mannes nennt, den sie, wie sich zum Schluss herausstellen wird, auf denkbar rabiate Weise herbeigeführt hat.

Es ist bezeichnend, wie nachlässig die anfängliche Rückblende aus Klischees zusammengesetzt ist, die vage die 1960er herbeizitieren. Das beginnt mit einer antiquierten Schrifttype an der Wand des Supermarktes, in dem es zum angeblichen Zusammentreffen kommt, und es setzt sich mit der Kleidung von Iris und Josh fort. Wie Ausstattung und Kostümbild eine Nostalgie aus zweiter Hand suggerieren, so lässt die Inszenierung auch den Charme abgegriffen wirken, der in den Augen der Protagonistin einem plötzlichen Missgeschick der männlichen Hauptfigur anhaftet. Doch die irritierende Oberflächlichkeit wird in einem späteren Dialog überzeugend damit legitimiert, dass das abgebildete Szenario einfach einer Programmvariante entspricht: Wie Josh erklärt, ist Iris’ vermeintliche Erinnerung an jenen Flirt bloß aus der Menüliste jenes Androidenherstellers gewählt, bei dem er die Frauengestalt zum Alltagsgebrauch (inklusive Sex) erworben hat.

Wenn er den jungen Mann von einem »meet cute« sprechen lässt, gibt Regisseur Drew Hancock, der zu seinem Debütspielfilm auch das Drehbuch verfasst hat, wiederum dem Kinopublikum zu verstehen, dass er auf dessen Abgeklärtheit im Umgang mit filmischen Erzählmustern vertraut. Der Begriff bezeichnet im Fachjargon Hollywoods jenes »niedliche Zusammentreffen«, dessen dramaturgische Herbeiführung zu den Genreregeln jeder Romantischen Komödie gehört. Das heißt zugleich, dass der 45jährige US-Amerikaner darauf spekuliert, dass wir ein frühes Bekenntnis der Protagonistin zu ewiger Liebe ähnlich distanziert auffassen wie Joshs Freunde – obwohl wir im Gegensatz zu diesen zunächst nichts von Iris’ Maschinenwesen wissen mögen.

Hancock befördert etwaige Ahnungen, indem er beispielsweise in der ersten »realen« Szene beiläufig unsere Neugier weckt, ob Joshs Auto wohl autonom fährt, während es ihn und Iris in einen Wochenendurlaub befördert. Da die restliche Handlung dieses launigen Science-Fiction-Thrillers sich – mit Ausnahme einer kurz eingeschobenen Rückblende – in der abgeschiedenen Umgebung eines Luxusanwesens abspielt, bleibt auch die allgemeine Frage unbeantwortet, inwieweit sich die Gesellschaft in einer unbestimmten Zukunft von der heutigen unterscheiden mag.

Nur über Sergey (Rupert Friend), den Gastgeber der Hauptfiguren, erfahren wir, welchen Beruf er ausübt – nachdem die betont klischeehafte Zeichnung des vulgären neureichen Russen uns zunächst ebenso auf eine falsche Fährte locken sollte wie einige seiner Gäste. Zu denen gehört neben Sergeys Freundin Kat (Megan Suri) auch Eli (Harvey Guillén), der wiederum in Begleitung seines Lebensgefährten Patrick (Lukas Gage) angereist ist.

Als das ausgelassene Beisammensein der drei Paare längst in Mord und Totschlag gemündet ist, klagt Josh unvermittelt darüber, dass er sich von seiner unbestimmt bleibenden Arbeit nur eine kleine Wohnung leisten könne. Doch die Plötzlichkeit seines Lamentos macht um so deutlicher bewusst, dass weder dieser Mann noch seine Freunde sich inmitten autonom gewordener Waren irgendwie entfremdet zu fühlen scheinen. So bietet dieser Film, während er ein ungewöhnlich cleveres Genrevergnügen bereitet, zugleich ein ernüchterndes Beispiel dafür, dass das Kino nach »Blade Runner« das große Thema Entfremdung offenbar nur noch als ein Problem von Robotern auffassen kann.

»Companion«, Regie: Drew Hancock, USA 2025, 97 Min., bereits angelaufen

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