Hunderttausende gegen Union und AfD
Von Marc BebenrothDie Mobilisierungskraft des liberalen Bürgertums lässt nicht nach. Am Wochenende haben mehrere hunderttausend Menschen ihren Protest gegen die Unionsparteien und die AfD erneut auf die Straßen getragen. Bundesweit riefen Bündnisse, Vereine und Netzwerke aus dem Umfeld von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie antifaschistische Zusammenschlüsse, Kirchen und auch Sportclubs dazu auf. In München waren am Sonnabend laut Veranstaltern mehr als 320.000 Menschen auf der Theresienwiese. Die Polizei spricht von 250.000. In Nürnberg, wo die CSU ihren Parteitag zur Bundestagswahl abhielt, zählte die Versammlungsbehörde mindestens 20.000 Protestierende.
Für Sonntag waren Aktionen in weiteren Städten angekündigt, unter anderem in Berlin und Köln. In der Bundeshauptstadt startete im Regierungsviertel eine Demonstration mit laut Polizei etwa 400 Menschen. Weitere stießen im Laufe des Nachmittags hinzu. Sie wollten von der FDP-Parteizentrale zur Bundesgeschäftsstelle der CDU ziehen. Abschließende Teilnehmerzahlen lagen bis jW-Redaktionsschluss nicht vor.
In NRW waren am Sonnabend ebenfalls Tausende gegen die Union und ihren Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) auf die Straße gegangen. Für Bremen gehen die Veranstalter von mehr als 50.000 Menschen aus, die am Protest teilnahmen. Die Polizei will 35.000 gezählt haben. In der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover konnten laut Behörden 24.000 Menschen mobilisiert werden. In Rostock wurden rund 3.000 Teilnehmer einer Demonstration gegen rechts gezählt, zu der die VVN-BdA aufgerufen hatte.
In Hannover sprach am Sonnabend auch der Bundesverteidigungsminister. »Wir verteidigen unsere Demokratie gegen alle Anfeindungen, und wir wollen keine gesellschaftlichen Rollbacks in die 50er oder gar in die 30er Jahre«, sagte Boris Pistorius (SPD) auf dem Opernplatz. Bei einem späteren Termin erklärte der für das Ausgeben der 100 Milliarden Euro Bundeswehr-»Sondervermögen« zuständige Minister, dass die Kommunen finanziell »ziemlich in der Ecke« stehen.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Stephan K. aus Neumarkt i.d.OPf. (10. Februar 2025 um 11:35 Uhr)Betrachtungen von und auf der Nürnberger Demos gegen Rechts … Die Demos gegen Rechts sind eine Art Klassentreffen. Die Teilnehmenden versichern sich selbst, dass sie Recht nicht wollen und dass sie selbst nicht rechts sind. Man, frau & divers kuschelt untereinander und weiß, dass die anderen böse sind. Nebenbei wird aus einer widerwärtig rechten Partei eine dämonische Nazipartei gemacht. Noch gruseliger, als es die AfD auch in der Realität schon ist. Wir wissen es aus der Geisterbahn, der Gruseleffekt führt zum Zusammenrücken und macht es kuscheliger. Nebenbei – nicht auf den Tausenden Schildern – aber in einigen Reden kommt Wegweisendes vor. Vom Gewerkschaftsführer, von der Chefin der Diakonie. Immer dann, wenn es nicht direkt um die AfD geht, wird es konstruktiv. Da werden Tarife, Wohnungen und soziale Gerechtigkeit eingefordert. Auch die marode Bahn oder kaputte Schulen bekommen ihr Fett ab. Höhere Steuern für Reiche und Superreiche werden eingefordert. Hier positionieren sich Rednerinnen mit Themen und Forderungen, die, wenn sie erfüllt wären, die AfD mindestens halbieren würden. Unklar bleibt, warum das Lager, das hier und für das demonstriert wird, all diese Dinge nicht in den letzten 10 bis 20 Jahren erfolgreich erledigt hat. Immerhin stellt es die Mehrheit in Parlamenten, Regierungen und Medien. Es bleibt auch unklar, warum man primär »gegen rechts« und erst an zweiter und dritter Stelle für Forderungen ist, deren Erfüllung rechts überflüssig machen würde. Die Demos gegen rechts sind Demos für ein »weiter so« ohne rechts. Weiter so ist die Garantie für mehr rechts. Das scheinen Teilnehmer wie Redner letztlich zu ahnen, sonst würden sie nicht auf die völlig untaugliche Lösung »Verbot der AfD« setzen. Bekommt man die Ursachen nicht weg, muss man das Symptom verbieten.
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (10. Februar 2025 um 05:53 Uhr)Hunderttausende gegen die Union und die AfD? Ja, wo ist denn da der Unterschied zur katastrophalen Politik der Ampelkoalition? Hier wird eine verdummte, manipulierte Massse in die gewünschte Richtung gelenkt, und zwar nicht gegen die Urheber der Misere der letzten drei Jahre in Deutschland, sondern gegen ihre parteipolitischen Konkurrenten. Einige versprengte, grauhaarige Nostalgiker demonstrieren noch für Frieden und für die Aufhebung der völkerrechtswidrigen Sanktionen. Wenn da dann 100 Demonstranten zusammen kommen, ist es schon viel. Herr Pistorius sagt: »Wir verteidigen unsere Demokratie gegen alle Anfeindungen, und wir wollen keine gesellschaftlichen Rollbacks in die 50er oder gar in die 30er Jahre«. Merkwürdig, die 1940er Jahre, speziell den 22. Juni 1941 erwähnt er nicht. War das was? An diese Zeit der von faschistischen Mächten inszenierten Aggression gegen die UdSSR möchte Pistorius lieber nicht erinnern, da die Fronten und die Rollenverteilung sich doch allzu sehr ähneln. Zwei Fünftel der heutigen EU-Staaten waren bei der damaligen »Schutzmaßnahme vor Russland« übrigens mit von der Partie. Aber wenn es jetzt der Demokratie dient, einem guten Zweck....? Dann stehen wir doch endlich auf der richtigen Seite der Geschichte. Nur Russland ist immer noch so böse wie damals, was sich auch anschließend zeigte, als die UdSSR die deutsche Vereinigung bereits 1952 vorschlug und 1989 ermöglichte, außerdem alle Truppen aus den Warschauer-Pakt-Staaten abzog – natürlich, um diese Staaten jetzt zu überfallen. Davor müssen wir uns schützen. Einem Volk, welches mehrheitlich so etwas glaubt, werden auch keine Wahlen helfen. Bevor es im Morgengrauen des 22. Juni 1941 los ging, gegen die »russische Bedrohung«, ließ man noch den letzten Getreidetransport der Russen über die Brücke. Bei uns werden dagegen alle Lieferungen und Leitungen aus Russland schon Jahre vorher gekappt. Weltweiter Wirtschaftskrieg ist bereits ein Weltkrieg.
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