Wiener Koalitionsgespräche auf der Kippe
Von Dieter Reinisch, Wien![imago799743914.jpg](/img/450/205319.jpg)
Die Verhandlungen zwischen der Rechtsaußenpartei FPÖ und der konservativen ÖVP um die Bildung einer neuen Regierung in Österreich dürften vor dem Scheitern stehen. Wie APA unter Berufung auf damit befasste Kreise meldete, soll die FPÖ für die ÖVP überzogene Forderungen bei der Besetzung der Ministerien gestellt haben: Sie will Finanzen und Inneres. Die Gespräche wurden am Wochenende ausgesetzt; für zusätzlichen Unmut sorgte, dass ein 223seitiges Verhandlungsprotokoll über verschiedene österreichische Medien öffentlich wurde. Eine Kopie liegt auch der jW vor.
Seit längerem gibt es schon Konflikte um die Außenpolitik. Die FPÖ fordert einen Austritt aus der EU-Luftabwehrkoalition »Sky Shield« und der NATO-»Partnerschaft für den Frieden«. Insgesamt scheint das Klima mittlerweile frostig. So sollen sich die beiden Parteichefs und Verhandlungsführer Herbert Kickl (FPÖ) und Christian Stocker (ÖVP) nur unregelmäßig zu kurzen Gesprächen treffen. Von gerade einmal 45-Minuten-Slots ist zu hören.
Nicht bekannt ist, wer das Verhandlungsprotokoll durchgestochen hat. Ursprünglich hatten die Parteien völliges Stillschweigen vereinbart. Kickl hatte bei Verhandlungsbeginn betont, Informationen an die Öffentlichkeit zu tragen sei »ein Vertrauensbruch«. Darin zu lesen ist von einem geplanten Verbot des »politischen Islam«, einer Anmeldefrist für Demonstrationen von vier Wochen, einem leichteren Versammlungsverbot und sogar einem Verbot von Parteien. Konkret wird die »Liste Gaza« erwähnt, die aus der Palästina-Solidarität entstand und bei den Nationalratswahlen knapp 20.000 Stimmen erhielt. Auch das Asylrecht soll ausgesetzt und ein Zaun um Österreich gebaut werden. Asylsuchende sollen Fußfesseln bekommen.
Am Montag abend war ein Treffen der Chefunterhändler an einem geheimen Ort geplant. Der einflussreiche SPÖ-Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil forderte am Wochenende die Einsetzung einer »Expertenregierung« für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen. Neuwahlen könnten der FPÖ weitere Erfolge bringen: In Umfragen steht sie teilweise bei 38 Prozent.
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