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Aus: Ausgabe vom 11.02.2025, Seite 2 / Ausland
Ukraine-Krieg

Werkeln am Waffenstillstand

Trumps Sonderbeauftragter mit »Optionen« für ein Ende des Ukraine-Kriegs
Von Daniel Bratanovic
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Noch läuft der Krieg (nach russischem Luftangriff zerstörtes Zuhause in der Ukraine, 9.2.2025)

Die Regierung der USA hat einem Medienbericht zufolge Verbündete über die Arbeit an Maßnahmen für ein Ende des Ukraine-Kriegs informiert. Keith Kellogg, der neue US-Sondergesandte für die Ukrai­ne und für Russland, habe bei kürzlichen Treffen mit Vertretern alliierter Staaten erklärt, er bereite Optionen zur Beendigung des Krieges vor, berichtete das US-amerikanische Nachrichtenportal Semafor am Montag unter Berufung auf drei nicht genannte westliche Regierungsvertreter.

In einem am Freitag in der New York Post veröffentlichten Interview sagte US-Präsident Donald Trump, er habe mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert, um über eine Beendigung des Krieges in der Ukraine zu beraten, und er verfüge auch über einen diesbezüglichen konkreten Plan. Einzelheiten nannte Trump allerdings nicht.

Die russische Regierung wollte bislang weder bestätigen noch dementieren, dass es ein Gespräch zwischen Trump und Putin gegeben hat, erklärte sich aber bereit für einen Dialog »auf Augenhöhe«, wie Vizeaußenminister Sergej Rjabkow am Montag mitteilte. Ultimaten an Russland seien allerdings zum Scheitern verurteilt. Sämtliche Gespräche über die Ukraine müssten die Ursachen des Konflikts behandeln und die »Realität vor Ort« anerkennen. Alle Bedingungen von Präsident Wladimir Putin müssten erfüllt sein, bevor eine Beilegung des Konflikts in der Ukraine möglich sei, erklärte Rjabkow.

Putin hatte Mitte Juni 2024 diese Bedingungen für ein sofortiges Ende des Krieges genannt: Danach müsse die Ukraine ihre Ambitionen der NATO beizutreten aufgeben und ihre Truppen aus den vier ukrainischen Regionen Donezk, Lugansk, Cherson und Saporischschja abziehen, die von Russland beansprucht und größtenteils kontrolliert werden.

Ende Januar hatte das ukrainische Nachrichtenmagazin Strana einen angeblichen Plan des US-Präsidenten veröffentlicht, wonach der Ukraine-Krieg binnen 100 Tagen zu beenden sei und ein Waffenstillstand an Ostern verkündet würde. Einige Punkte dieses Plans entsprechen Putins Forderungen: Eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine sei demnach ausgeschlossen, »die Souveränität der Russischen Föderation« über die eroberten Gebiete anzuerkennen. Die ukrainische Regierung hatte seinerzeit die Echtheit des Plans bestritten.

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  • Leserbrief von Volker Wirth aus Berlin (11. Februar 2025 um 15:26 Uhr)
    Exilorganisationen von russischsprachigen Bewohnern der Südukraine wenden sich scharf gegen die Nichtberücksichtigung ihrer ethnonationalen Interessen und verlangen, dass auch die Gebiete Nikolajew (ukrainisch Mykolaiw) und Odessa von den ukrainischen Truppen geräumt werden. Werden die Wahlergebnisse vor 2014 und die Einführung der russischen Sprache 2012 als zweite Amtssprache berücksichtigt, müsste es auch um die Oblasti Charkow (Charkiw) und Dnepropetrowsk (Dnipro) gehen. Unbeirrt bestreiten jedoch dieselben Kräfte, die den Kosovo-Albanern das Recht auf Loslösung von Serbien und nationale Eigenständigkeit bescheinigt haben, den binationalen Charakter der Ukraine und das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine-Russen, immerhin knapp die Hälfte aller Einwohner. Von den Spitzenpolitikern Deutschlands hat allein Sahra Wagenknecht zumindest mal von einer friedlichen Lösung durch ein Plebiszit in diesen Gebieten gesprochen, nachdem die Idee einer föderalisierten Ukraine an den ukrainischen Nationalisten gescheitert ist. Ansonsten: »Still ruht der See« auch bei angeblichen Menschenrechtsexperten wie Gysi.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (11. Februar 2025 um 11:13 Uhr)
    Wenn Europa echten Frieden will, reicht es nicht, den Ukraine-Krieg auf irgendeine Weise zu beenden. Diese Sichtweise greift zu kurz! Russland wurde mehrfach über den Tisch gezogen – sei es unter Gorbatschow, durch die NATO-Osterweiterung oder unter Jelzin, als der wirtschaftliche Ausverkauf begann. Doch das heutige Russland ist ein anderes, und vor allem: Putin ist von ganz anderem Kaliber. »Wehret den Anfängen« – eine Lösung muss bei den Forderungen Putins aus den Verhandlungen mit Biden in Genf im Dezember 2021 ansetzen: Garantien gegen eine NATO-Osterweiterung, insbesondere ein Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens. Abzug der NATO-Truppen und Waffen aus osteuropäischen Ländern, die nach 1997 der NATO beigetreten sind. Rückkehr zur militärischen Infrastruktur und Sicherheitsarchitektur der 1990er Jahre, um das strategische Gleichgewicht wiederherzustellen. Eine Lösung des Ukraine-Krieges auf dieser Grundlage würde eine grundlegende Neuordnung der europäischen Sicherheitsarchitektur bedeuten. Die Ukraine müsste ihre westlichen Integrationsbestrebungen aufgeben, während die NATO ihre Präsenz in Osteuropa massiv reduzieren müsste. Dies würde langfristig zu einer Neuverhandlung der europäischen Sicherheitsordnung führen – mit einem erstarkten Russland und einem geschwächten Westeuropa.
    • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (11. Februar 2025 um 12:40 Uhr)
      Sehr geehrter Herr Hidy, alles richtig, was sie hier schreiben, mit Ausnahme der Schlussfolgerung: »Dies würde langfristig zu einer Neuverhandlung der europäischen Sicherheitsordnung führen – mit einem erstarkten Russland und einem geschwächten Europa.« Da Europa bis zum Ural reicht, erstarkt Europa automatisch mit, wenn Russland erstarkt und nicht nur deshalb. Auch bei einem dadurch schwindenden Einfluss der USA erstarkt Europa. Die USA würden geschwächt werden, nicht Europa, bei einer stärkeren Zusammenarbeit der Westeuropäer mit Russland und China. Die Propaganda, dass Russland nicht zu Europa gehöre, wurde von der EU gefördert, die ja auch das erfolgreiche und nicht eben kleine Weißrussland aus Europa aussortiert. Für Adenauer begann bei der Bahnfahrt von Bonn nach Berlin nach Überquerung der Elbe bereits Sibirien, worauf er die Vorhänge des Abteils zuzog.
      • Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (11. Februar 2025 um 15:15 Uhr)
        Nicht zu vergessen: jener europäische Zipfel von Kasachstan. Und Zypern gehört nicht mehr zu Asien, sondern? Ein zweiter Balkon Europas! Man lerne von Georgien – die Eigenbezeichnung ist mir nicht präsent – und orientiere sich neu! Keine üble Idee! Reden wir doch einfach endlich von Eurasien, wenn es um Landmasse geht! Wie Herr Putin 14 Tage nach dem 11.9.2001 in unserem Bundestag (Deutsch sprach er!); zum Schluss erhob sich die versammelte Belegschaft und applaudierte schallend! Warn wohl mit »Die einzige Weltmacht« (Z. Brzezinski) noch nicht durch.
      • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (11. Februar 2025 um 12:55 Uhr)
        Sehr geehrter Herr Buttkewitz, vielen Dank für Ihre Antwort und Ihre Klarstellung. Sie haben vollkommen recht – meine Formulierung war ungenau. Natürlich gehört Russland zu Europa, und eine Annäherung könnte langfristig auch für Europa insgesamt von Vorteil sein. Ich schätze Ihre Perspektive und den wichtigen Hinweis auf die historische und geopolitische Realität.
  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (11. Februar 2025 um 07:24 Uhr)
    1.: W. Putin hatte schon mehrfach ein Ende des Krieges angeboten. Leider ist das nur die halbe Wahrheit. Denn im Nachgang benannten andere Politiker, in diesem Falle Rjabkow, die Klausel, mit der dieses Angebot verbunden ist: »Alle Bedingungen von Präsident Wladimir Putin müssten erfüllt sein, bevor eine Beilegung des Konflikts in der Ukraine möglich sei«. Heißt wohl im Klartext, nach einer Kapitulation der Ukraine kann man sich gern über die genauen Bedingungen unterhalten. Die Ukraine hat dieses »Angebot« stets abgelehnt, und damit war sichergestellt, dass der Krieg weiterging. Und Putin konnte sich zurücklehnen und es so darstellen, als ob es der Westen und die Ukraine seien, die keine Verhandlungslösung wollen. – 2.: Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre: Mr. Trump will den Ukraine-Krieg binnen 100 Tagen beenden! Hatte er nicht im Wahlkampf mit todernstem Gesichtsausdruck ein Kriegsende binnen 24 Stunden angeboten?

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