Kurti braucht Bündnis
Von Slavko StilinovićAm Sonntag fanden im Kosovo die neunten Parlamentswahlen seit dem Ende des Krieges von 1998/99 statt. Bei dem Urnengang gewann der amtierende Premierminister Albin Kurti mit seiner sozialdemokratischen und albanisch-nationalistischen »Bewegung Selbstbestimmung« (Lëvizja Vetëvendosje, LVV) nach Stand der Auszählung von Montag nachmittag mit 41 Prozent der Stimmen. Bei den Wahlen im Jahr 2021 hatte die LVV 50,28 Prozent und 58 von 120 Sitzen errungen. Sie bildete eine Koalition mit Parteien kleinerer Bevölkerungsgruppen, um die erste Regierung seit der Unabhängigkeit Kosovos im Jahr 2008 zu stellen, die eine volle vierjährige Amtszeit abschloss.
Von den 120 Sitzen im Parlament sind 20 für minoritäre Gemeinschaften reserviert, davon zehn den Serben, zusätzlich zu einem Ministerposten in der Regierung. Die Wahlbeteiligung lag mit 40,59 Prozent um acht Prozent niedriger als vor vier Jahren. Zweite wurde die rechte Demokratische Partei des Kosovo mit 22 Prozent, dritte die konservative Demokratische Liga des Kosovo mit 17,6. Den vierten Platz mit 7,5 Prozent belegt die Koalition aus rechter Allianz für die Zukunft des Kosovo und linker Sozialdemokratischer Initiative. Die restlichen zehn Parteien, die zur Wahl standen, vertreten allesamt Minderheiten, davon zwei die Serben. Bis auf die Serbische Liste, die 3,8 Prozent erhielt, blieben sie alle unter einem Prozent.
Albin Kurti wird nun mit einer weiteren Kosovo-Albaner-Partei koalieren müssen, da er seine absolute Mehrheit verlor. Auch international gibt es Probleme: Noch am Freitag sagte Kurti vor der Presse in Priština: »Die Beziehungen des Kosovo zu Washington sind derzeit auf dem besten Niveau seit ihrem Beginn.« Der ehemalige US-Sondergesandte für Serbien und Kosovo in Donald Trumps erster Amtszeit, Richard Grenell, reagierte auf X und bezeichnete Kurtis Worte als »wahnhaft«: »Die Beziehungen waren noch nie schlechter. Albin Kurti wurde von der ersten Trump-Regierung, der Biden-Regierung, der NATO, der EU, der US-Botschaft und von Antony Blinken verurteilt«, schrieb er. In Medien des Kosovo wie dem Sender Kohavision wurde Grenell Einmischung vorgeworfen.
Für den Kosovo und seine albanische Mehrheit sind die Beziehungen zu den USA überlebenswichtig. Seit der völkerrechtswidrigen NATO-Intervention 1999 gibt es in Priština, der Hauptstadt des Kosovo, Boulevards und Denkmäler, die prominenten Persönlichkeiten der damaligen US-Regierung unter Bill Clinton gewidmet sind. Für einen kosovoalbanischen Politiker wäre ein schlechtes Verhältnis zu den USA ein erheblicher Nachteil – insbesondere in einer Zeit zunehmender Spannungen mit der serbischen Minderheit und Serbien. Auch die wirtschaftliche Krise des Kosovo ruft wachsenden Unmut über die amtierende Regierung hervor.
Viele Serben erhoffen sich positive Entwicklungen von US-Präsident Donald Trump: Anders als in Priština, wo die neue US-Balkan-Politik für Unruhe sorgt, gibt es in der serbischen Bevölkerung Hoffnungen auf eine neue Ära guter Beziehungen zwischen den Serben und der Trump-Regierung, sagt Aleksandar Rapajić von einer NGO in der von Serben dominierten Stadt Mitrovica. »Wir erwarten, dass die neue (US-)Regierung neuen Schwung und frische Energie in diesen Prozess bringt und beginnt, Lösungen zu finden, statt nur Gespräche zu führen. Ich kann also sagen, dass die Erwartungen der serbischen Gemeinschaft im Kosovo sehr hoch sind, dass sich ihre Lage verbessern wird.«
Belgrad und Priština haben es bisher nicht geschafft, das Brüsseler Abkommen zur Normalisierung ihrer Beziehungen umzusetzen. Bereits am 24. März 2022 erklärte der serbische Präsident Aleksandar Vučić, dass das Brüsseler Abkommen »nicht mehr existiere«. Als Hauptgrund nannte er die Suspendierung der Präsidentin des Gerichts in Mitrovica, Ljiljana Stevanović. Es bleibt offen, wie sich die Lage im Kosovo und in Serbien entwickeln wird und ob die USA unter Trump weiter den Schutzpatron des »jüngsten Staates« in Europa spielen werden.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- 23.07.2024
Transatlantiker erleichtert
- 15.12.2023
»Wir sind nicht nur zum Wahlkampf auf der Straße«
- 09.05.2012
Terrorhilfe von der UCK
Mehr aus: Ausland
-
Ruf zur Verantwortung
vom 11.02.2025 -
Werkeln am Waffenstillstand
vom 11.02.2025 -
Bücher konfisziert
vom 11.02.2025 -
Tödliche Mission in Pjöngjang
vom 11.02.2025 -
Warten auf Öcalan
vom 11.02.2025 -
Wiener Koalitionsgespräche auf der Kippe
vom 11.02.2025