»Unsere Aktion gegen Kriegshetze war richtig«
Interview: Gitta Düperthal![imago160776256.jpg](/img/450/205321.jpg)
Im Juni 2024 haben Anhänger des »Arbeiterbunds für den Wiederaufbau der KPD«, der FDJ und der »Revolutionären Front Frankfurt« das Redaktionsgebäude der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aus Protest gegen Kriegshetze besetzt. Wie urteilte das Amtsgericht Frankfurt am Freitag?
Vor Gericht spielte es keine Rolle, dass es bei unserer Besetzung um einen in Vorbereitung befindlichen dritten Weltkrieg und damit verbundene Kriegshetze in der FAZ ging. Es ging nur um vermeintlichen Hausfriedensbruch und angebliche Nötigung. Auslöser unserer Aktion war der Artikel »Gibt es Söhne ohne Eltern?« vom 25. Mai 2024. Dieser pries Anwerbung von Minderjährigen durch die Bundeswehr und »Kriegstüchtigkeit«. Was den Hausfrieden gebrochen haben soll, weiß ich nicht.
Als Nötigung sah man bei Gericht an, dass wir verlangten, einen von mehr als 750 Arbeitern unterzeichneten Gegenartikel zum Antikriegstag mit dem Titel »Krieg dem Krieg« zu drucken. Man warf mir Rädelsführerschaft vor, was aber nicht nachgewiesen werden konnte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldbuße von 70 Tagessätzen zu 50 Euro verlangt. Das Gericht reduzierte auf 55 Tagessätze, gemäß meinem geringen Einkommen in Höhe von 25 Euro: also 1.375 Euro, plus Gerichtskosten. Ob das Urteil rechtskräftig wird, wird sich zeigen.
Wie kam der Aufruf zustande, den Sie abgedruckt sehen wollten?
Seit April 2024 hatten wir vor und in Betrieben, hauptsächlich der Metallbranche, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen Unterschriften gesammelt. Die Bereitschaft, den Widerstand gegen den Krieg per Unterschrift kundzutun, war gegeben. Die Arbeiterklasse ist eine friedliche Klasse. Man weiß, wenn es zum Krieg kommt, müssen Arbeiter ihren Kopf an der Front hinhalten. Die Bürgerlichen sitzen in der Etappe, lassen es sich gutgehen. Kapitalisten machen in solchen Zeiten maximalen Profit.
Warum dauerte der Prozess am Freitag sechs Stunden?
Meine Anwältin Anna Busl hatte nur unvollständige Akten erhalten; keine Videoaufnahmen, die die FAZ während unseres Aufenthaltes dort gemacht hatte. Unterschriften unter der Strafanzeige waren nicht klar. Um Fragen unserer Anwältin zu den Besitzverhältnissen der FAZ zu beantworten, musste beim Grundbuchamt recherchiert werden. Ich hielt über die Inhalte und Hintergründe unserer Aktion eine Rede.
Es ging dabei auch um Ihre Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit.
Ich bin 1953 geboren, wuchs im Dorf auf. Überall tummelten sich noch alte Faschisten. Wir fragten damals die ältere Generation: Wie konnte es so weit kommen? Was habt ihr gemacht, um den Krieg zu verhindern? Wir lasen viel und diskutierten in der Schule: Was ist zu tun, um die Forderung des Widerstands »Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus« umzusetzen? Heute heißt es wieder: »Wir müssen uns verteidigen.« Unter der Losung liefen beide Weltkriege, 1914 und 1939, mit dem Überfall auf Polen. Alles für die Freiheit! Nur wessen Freiheit: die von Kapitalisten, die von der Waffenproduktion profitieren. Das Gericht meinte, all das sei ehrenhaft, aber im Verfahren nicht relevant.
Was sagte der FAZ-Herausgeber Carsten Knop?
Er behauptete, bei der Aktion deeskalierend gewirkt zu haben. Die FAZ sei eine liberal-konservative Zeitung, in der viele Meinungen existierten. Schnell war zu merken, dass es mit der liberalen Fassade nicht weit her war. Er empörte sich, wenn die Anwältin scharf nachfragte. Der Staatsanwalt verlangte von mir, zu versichern, dass so etwas nicht mehr vorkommen würde, dass es falsch sei. Das konnte ich nicht. Unsere Aktion gegen Kriegshetze war richtig. Aus Marx’ historischem dialektischem Materialismus wissen wir: Die Wahrheit ist konkret. Wenn Medien immer mehr gegen Geflüchtete und Migranten hetzen, gehen wir in den Widerstand. Denn so werden Krieg und Faschismus vorbereitet.
Heinz Klee ist Mitglied des »Arbeiterbunds für den Wiederaufbau der KPD« und in der Delegiertenversammlung der IG Metall in Frankfurt am Main
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