Im Harnisch
Von Jörg Kronauer
Europa formiert sich und bleibt stecken: So ließen sich die Ereignisse in Sachen Ukraine-Krieg vom Montag abend (Ortszeit) in New York und Washington aus europäischer Sicht bilanzieren – die drei UN-Resolutionen, die es am dritten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine gab, sowie der Besuch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Weißen Haus. Der Durchbruch, den sich manche vor allem von Macrons Gespräch mit US-Präsident Donald Trump erhofft hatten, blieb aus.
Was die UN-Resolutionen anbelangt: Bei ihnen stimmten die Staaten Europas in seltener Geschlossenheit gemeinsam ab. In der Abstimmung im Sicherheitsrat über eine Resolution, die ein Ende des Krieges forderte, aber auf die üblichen Vorwürfe gegenüber Russland verzichtete, enthielten sich die fünf europäischen Mitglieder, während alle anderen mit »Ja« votierten. Die Abneigung gegen einen raschen Waffenstillstand hatten sie damit einmütig dokumentiert. In der Generalversammlung wiederum stimmten sie fast geschlossen – Ausnahme: das Nicht-EU-Mitglied Nordmazedonien – für den Antrag der Ukraine, der alle üblichen Vorwürfe gegenüber Russland umfasste. Bemerkenswert war immerhin, dass es ihnen gelang, Kiew den Rücken zu stärken und dem Druck aus Washington, seinen Antrag bereitwillig zurückzuziehen, zu widerstehen. Auf der Ebene der Deklarationen zeichnet sich damit ein europäisch-ukrainischer Schulterschluss gegen die Vereinigten Staaten ab.
Auf der Ebene harter Realitäten kamen die europäischen Staaten jedoch nicht vom Fleck. Zwar hieß es, Macron führe sein Gespräch mit Trump im Namen Europas, oder genauer: der Staaten der EU und Großbritanniens. Zwar bekräftigte Frankreichs Präsident einmal mehr, man dürfe gegenüber Wladimir Putin nicht »schwach« erscheinen, müsse also unverändert die Ukraine stärken. Doch deutete nichts darauf hin, dass sich Trump davon auch nur im geringsten hat beeindrucken lassen: Warme Worte zählen bei ihm nicht. Die harten Mittel der Macht aber hält er unverändert fest in der Hand. Bestes Beispiel ist Starlink. Ohne die Satelliten, die Elon Musk kontrolliert, sind die ukrainischen Streitkräfte verloren. Da können Macron und der britische Premierminister Keir Starmer, der am Donnerstag in Washington erwartet wird, Trump noch so schmeicheln. Der US-Präsident hat klargestellt, dass es Zugang zu Starlink nur solange gibt, wie Kiew, jedenfalls in den zentralen Fragen, klar nach seinen Regeln spielt.
Was bleibt, will man nicht auf Dauer die zweite Geige spielen? Die EU führt es gerade vor: rüsten, rüsten, rüsten – und zwar bis das eigene militärische Potential es zumindest halbwegs mit den massenmörderischen Machtmitteln der Vereinigten Staaten aufnehmen kann. Die Alternative bestünde darin, auf eine Position an der Spitze der globalen Politik zu verzichten. Dazu jedoch ist die europäische Bourgeoisie – und zwar in all ihren Schattierungen – nicht bereit.
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