Aktionspläne für Krisensektoren
Von Sebastian Edinger
Seit Jahren machen hohe Energiepreise und Überkapazitäten der hiesigen Stahlindustrie zu schaffen. Nun kommen die von US-Präsident Donald Trump angekündigten 25-Prozent-Zölle auf Stahl- und Aluminiumausfuhren in die Vereinigten Staaten hinzu, die zu weiteren Absatzeinbrüchen führen dürften. Um zu erörtern, wie der dauerkriselnden Branche geholfen werden kann, kam die Chefin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, am Dienstag mit Vertretern großer Konzerne wie Thyssen-Krupp, Salzgitter AG, Arcelor-Mittal und Tata Steel zum Stahldialog zusammen. Schließlich wollen die EU und ihre Mitgliedstaaten in den kommenden Jahren mächtig aufrüsten – Investitionen von bis zu 800 Milliarden Euro wurden angekündigt. Doch ohne Stahl keine Waffen.
Im Vorfeld der Zusammenkunft hatte die Kapitalseite neben niedrigeren Energiepreisen vor allem neue und höhere Handelsbarrieren zum Schutz vor wettbewerbsfähigerer Konkurrenz aus China gefordert. Die gegenwärtigen Strafmaßnahmen auf Stahleinfuhren aus der Volksrepublik wurden von der Welthandelsorganisation nur vorübergehend akzeptiert und müssen bis Mitte 2026 außer Kraft gesetzt werden. Deshalb soll eine Anschlusslösung her. Beim Stahldialog kündigte von der Leyen allerdings einen »maßgeschneiderten Plan« mit kurz- und langfristigen Maßnahmen an, die dem Sektor helfen sollen, »zu dekarbonisieren und weltweit erfolgreich zu sein«. Konkretes wurde jedoch nicht bekannt. Bis zum 19. März soll ein Aktionsplan entwickelt werden, hieß es.
Darauf dürften besonders die deutschen Stahlkocher hoffen, schließlich steckt die energieintensive Branche hierzulande angesichts außerordentlich hoher Strompreise tief in der Krise. Laut dem Bundesamt für Statistik gingen die Aufträge im dritten Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 9,7 Prozent zurück; die Produktion ist seit 2022 um fünf Prozent eingebrochen. Die Beschäftigtenzahlen sind ebenfalls seit Jahren rückläufig. Und die Welle der Arbeitsplatzvernichtung sollte im laufenden Jahr fortgesetzt werden. So hat Branchenprimus Thyssen-Krupp bereits angekündigt, weitere 11.000 Beschäftigte – rund 40 Prozent der verbleibenden Belegschaft – vor die Tür setzen zu wollen, nachdem in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Stellen wegrationalisiert worden waren.
Auch ein anderer Krisensektor soll laut aktuellen Ankündigungen aus Brüssel bald in den Genuss von mehr EU-Unterstützung kommen: die Autoindustrie. Die Branche sei »in Lebensgefahr«, sagte Industriekommissar Stéphane Séjourné laut der Nachrichtenagentur AFP. Am Mittwoch wurde deshalb auch für diesen Sektor ein Aktionsplan präsentiert. Kernelement sind Lockerungen bei den CO2-Grenzwerten. Man wolle den überforderten Autobauern »eine Atempause« verschaffen, so von der Leyen. Kommende Woche soll eine entsprechende Gesetzesänderung vorgeschlagen werden. Darüber hinaus will die EU weiter auf Elektromobilität setzen und diese unter anderem durch Subventionen für die Batterieproduktion und E-Auto-Quoten für Dienstwagenflotten voranbringen.
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