Rolle rückwärts
Von Gudrun Giese
Es sieht so aus, als ob einige Unternehmen ein Rollback planen. Zum Beispiel die Post AG, die gerade den Abbau von 8.000 Stellen angekündigt hat. Das erinnert an die Zeit nach der Privatisierung des einstigen Staatsbetriebs Deutsche Bundespost, als übler Wildwuchs aus immer wieder neu befristeten Anstellungen, »Hire-and-Fire« und untertariflicher Bezahlung dominierte. Seit überall vom Fachkräftemangel infolge des demographischen Wandels die Rede ist, haben viele Vorstände und Geschäftsleitungen umgeschaltet: Aus befristeten wurden feste Stellen, aus prekären halbwegs existenzsichernde Jobs. Das galt bis vor kurzem auch noch für die Post AG.
Doch inzwischen weht der Wind aus einer anderen Richtung. In den laufenden Tarifverhandlungen bei der Post AG war schon absehbar, dass die Bereitschaft zu Zugeständnissen eher gering ist. Anfang dieser Woche einigten sich Unternehmen und Gewerkschaft nahezu auf dem Niveau, das der Konzern zuletzt vorgeschlagen hatte: Fünf Prozent mehr Gehalt in zwei Jahren und ein zusätzlicher Urlaubstag sind kein üppiger Abschluss. Wenn die Post-Dachfirma DHL allerdings Kostensteigerungen, auch durch diesen Abschluss, geltend macht, zeigt sie deutlich, wem sie sich primär verpflichtet sieht: den Aktionären. Folgerichtig stieg der Kurs nach der Ankündigung des Stellenabbaus um 12,9 Prozent. Generell geht es dem Unternehmen ohnehin wirtschaftlich gar nicht so schlecht. Mit einem Rückgang um 7,2 Prozent auf rund 5,9 Milliarden Euro hätte DHL 2024 besser abgeschnitten, als Analysten erwartet hatten.
DHL-CEO Tobias Meyer stellte klar, worauf es ihm angesichts zurückgehender Briefmengen, der Besserstellung der Konkurrenten durch Umsatzsteuerbefreiung und nach einem »relativ hohen Tarifabschluss« ankommt, nämlich Profitabilität, damit Geld für Investitionen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in die Kasse kommt. Tarifvertraglich geregelte und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze sollen offenkundig in dieser Situation wieder zurückgedrängt, prekäre Jobs aufgebaut werden. Genügend Erfahrung mit schlechten Arbeitsbedingungen hat das Unternehmen ja aus seiner Frühgeschichte als Privatkonzern.
Dass die frühere Ampelkoalition mit ihrer zweifelhaften Reform des Postgesetzes den Wettbewerb bei der Zustellung unfairer gestaltet und sich so ebenfalls als Jobkiller betätigt, passt letztlich ins Gesamtbild. Ob der Appell von Betriebsrat und Gewerkschaft Richtung Politik, die Umsatzsteuerbefreiung für die Postkonkurrenz wieder zu kassieren, Gehör finden wird, kann mit Fug und Recht bezweifelt werden.
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