Deutsche Post so gut wie befriedet
Von David Maiwald
Die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Post haben ein vorläufiges Ergebnis. Die Gewerkschaft Verdi und der Vorstand der DHL Group einigten sich am Dienstag in vierter Verhandlungsrunde über einen Tarifvertrag mit 24 Monaten Laufzeit. Die rund 170.000 Beschäftigten des ehemaligen Staatskonzerns sollen demnach ab dem 1. April eine Entgelterhöhung um zwei Prozent erhalten, im kommenden Jahr dann noch einmal drei Prozent mehr Geld. Zudem soll es ab 2026 einen Urlaubstag mehr geben. Wer mehr als 16 Jahre bei der Post seine Brötchen verdient, erhält einen weiteren. Verdis Chefverhandlerin und Post-Aufsichtsrätin Andrea Kocsis nannte das dann trotzdem ein »ordentliches Ergebnis, das ohne den Druck und die Streikbereitschaft unserer Mitglieder nicht hätte erreicht werden können«.
Letzteres mag wie zur letzten Tarifrunde 2023 stimmen, doch wäre mit Verweis auf 27.000 an Warnstreiks beteiligte Kolleginnen und Kollegen in diesem Jahr womöglich erneut mehr drin gewesen. Verdi war im Januar mit der Forderung nach sieben Prozent mehr Geld sowie drei zusätzlichen Urlaubstagen in die Tarifrunde gestartet, Gewerkschaftsmitglieder sollten sogar noch einen vierten freien Tag bekommen. Die Laufzeit war auf zwölf Monate angesetzt. Nach den vergangenen drei Jahren drastischer Preissteigerungen liegt die Einigung noch immer unter der Inflationsentwicklung und bedeutet keinen Kaufkraftgewinn bei den Beschäftigten. Zudem stünden mit dem Verhandlungsergebnis nun drei »Nullmonate« ohne Erhöhung fest.
Noch vor der vierten Verhandlungsrunde hatte Koscis erklärt, in den Paket- und Briefzentren sowie bei den Beschäftigten in der Zustellung und in Niederlassungen werde »deutlich mehr« erwartet. Das bezog sich freilich auf die zuvor ergangene Offerte der DHL-Bosse. Diese hatten 3,8 Prozent über 27 Monate und einen weiteren Urlaubstag angeboten. Demgegenüber ist das Verhandlungsergebnis der Gewerkschaft sicherlich ein Erfolg. Ob die nun getroffene Einigung die Erwartungen der Beschäftigten erfüllen kann, soll indes eine Befragung der Gewerkschaftsmitglieder vom 10. bis 28. März zeigen. Die Verdi-Tarifkommission empfiehlt ausdrücklich, das Angebot anzunehmen und will zum 31. abschließend darüber entscheiden.
Schon in der vorherigen Tarifrunde waren die Post-Beschäftigten deutlich kampfeslustiger als ihre Führung, hatten sich in einer Urabstimmung für den Erzwingungsstreik ausgesprochen. Damals war Koscis’ Verhandlerteam auf das unmittelbar erfolgte Angebot der Post-Konzernleitung eingegangen und hatte sich auf ein Ergebnis nahe der damaligen Inflationsentwicklung geeinigt. Bescherte die letzte Post-Tarifrunde der Gewerkschaft zwischenzeitlich noch einen Mitgliederzuwachs, so sind die Zahlen der Aktiven bei Verdi mittlerweile rückläufig. Schon damals hatten Beschäftigte gewarnt, sie würden der Gewerkschaft bei der Annahme des Ergebnisses den Rücken kehren.
»Über die Tariferhöhung wird nicht allein am Verhandlungstisch entschieden. Viel eher entscheiden die Entschlossenheit und der Mut unserer Mitglieder über den Ausgang dieser Tarifrunde«, zitierte Verdi in einer Mitteilung zum Tarifabschluss. Der Personalnotstand bei der Post dürfte sich mit der nun angestrebten Lohnentwicklung wohl kaum auflösen, bleibt nun die zweite Tarifrunde in Folge sowohl hinter der Kampfbereitschaft der Beschäftigten als auch ihrer Reallohnentwicklung zurück. Immerhin: Das passt zum Gesamtkonzept eines immer schlankeren, privaten Logistikkonzerns von Weltrang, den die DHL AG anstrebt. Um die Bedingungen hier nachhaltig zu verbessern, müsste die Gewerkschaftsführung wohl mehr Risiken eingehen – zehntausende, für Arbeitskämpfe verfügbare Kolleginnen und Kollegen scheinen weiterhin bereit dazu zu sein.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (6. März 2025 um 17:12 Uhr)Am Tag nach der Verkündung dieses »großartigen« Tarifabschlusses teilt der Postvorstand mit, zukünftig 8000 Mitarbeiter nicht mehr zu brauchen. Die angekündigten Lohnerhöhungen werden die Inflationsverluste nicht ausgleichen. Wer kann da mit Recht behaupten, erfolgreich verhandelt zu haben? Verdi gewiss nicht.
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