Latakia unter Feuer
Von Nick Brauns
Helikopterangriffe auf Dörfer, Panzer in Innenstädten, Massenexekutionen: In der syrischen Küstenregion Latakia kommt es seit Donnerstag zu den schwersten Gefechten zwischen Truppen der islamistischen Regierung und Aufständischen seit dem Sturz von Präsident Baschar Al-Assad vor drei Monaten. Während die Regierungskräfte am Freitag weitgehend die Kontrolle über die Küstenstädte Latakia und Tartus erlangen konnte, hielten sich die Aufständischen in den Außenbezirken sowie in ländlichen gebirgigen Gebieten.
Die aus der dschihadistischen HTS hervorgegangene Regierung von Präsident Ahmed Al-Scharaa spricht von »Überresten von Assads Milizen«, die einen gut geplanten Angriff gestartet hätten. Die Auseinandersetzungen mit bis Freitag weit über 100 Toten auf beiden Seiten begannen, nachdem Bewohner des Dorfes Beit Ana am Donnerstag versucht hatten Regierungskräfte daran zu hindern, einen Mann zu verhaften. Beit Ana ist der Geburtsort des früheren Kommandeurs der Eliteeinheit Tiger Forces, Suhel Al-Hassan, den die Regierung hinter dem Aufstand vermutet. Die Koordination der mehrheitlich alawitischen Widerstandsgruppen scheint bei einem am Donnerstag an die Öffentlichkeit getretenen »Militärrat zur Befreiung Syriens« unter Brigadegeneral Ghiath Suleiman Dalla zu liegen.
Zwar handelt es sich bei Aufständischen wohl meist um frühere Angehörige der Streitkräfte. Doch geht es diesen weniger um eine Rückkehr des nach Russland geflohenen Assad als um Selbstverteidigung der in Latakia lebenden Alawiten. Denn für die Dschihadisten gelten Angehörige dieser Glaubensgemeinschaft als vogelfrei. In den letzten Monaten wurden zahlreiche Alawiten entführt und ermordet – oft unter dem Vorwand von »Sicherheitsoperationen« gegen Assad-Loyalisten. Nach Beginn der jüngsten Kämpfe wurde in Moscheen in der HTS-Hochburg Idlib, aus der Tausende Kämpfer als Verstärkung nach Latakia kamen, zum »Dschihad« aufgerufen. Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete anhand von überprüftem Videomaterial und Aussagen von Angehörigen der Opfer, dass »Sicherheitskräfte« in den Städten Al-Schir und Al-Mukhtarija am Freitag morgen 52 alawitische Männer hingerichtet hätten.
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