»Das Komitee« hofft auf Bewährung
Von Ina Sembdner
Wenn es um sogenannte Linksextremisten geht, kennt der deutsche Staat kein Pardon. Anfang Januar hatte die Bundesanwaltschaft (BAW) mit Hilfe juristischer Tricks erneut Anklage gegen die beiden mutmaßlichen Mitglieder der früheren militanten Gruppe »Das Komitee« erhoben. Thomas Walter und Peter Krauth werden seit nunmehr 30 Jahren durch die BRD-Justiz politisch verfolgt. Nach jW-Informationen werden die beiden in der kommenden Woche ihr Exilland Venezuela verlassen, um sich einem Staatsschutzprozess zu stellen. Er soll am 17. März vor dem Zweiten Strafsenat des Berliner Kammergerichts eröffnet werden.
Das Verfahren ist laut der jW vorliegenden Ladung auf vier Tage angesetzt und soll am 8. April mit einem Urteil enden, das aus Sicht von Walters und Krauths Anwalt Lukas Theune – »wenn es gut läuft« – eine Bewährungsstrafe für die mittlerweile über 60jährigen vorsehen könnte. Gegenüber der Taz, die zuerst darüber berichtet hatte, erklärte Theune: »Die Vereinbarung ist, dass sie geständig sind und dafür ein geringes Strafmaß erhalten.« Ob das letztlich der ausschlaggebende Punkt war, das Land, das Walter und Krauth 2022 politisches Asyl zuerkannte, nun doch zu verlassen, bleibt unklar – bislang gibt es von den beiden Angeklagten keine Aussage dazu. Die BAW äußerte sich auf Taz-Anfrage nicht zu einer möglichen Vereinbarung.
Der vor Gericht verhandelte Vorwurf lautet, dass Walter, Krauth und der 2021 an Krebs verstorbene Bernd Heidbreder sich zur »Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion verabredet« hätten. Ziel sei 1995 ein ehemaliges Frauengefängnis in Berlin-Grünau gewesen, das sich im Umbau zu einem Abschiebeknast befand. Von einer Polizeistreife entdeckt, wurde die Aktion abgebrochen. Dazu hat sich das »Komitee« nie bekannt, aber zum Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde ein Jahr zuvor. Der daraus abgeleitete Vorwurf der »Bildung einer terroristischen Organisation« ist nach 30 Jahren verjährt. Zu dem weiterhin aufrechterhaltenen Vorwurf der »Verabredung zur Tat« erklärte Krauth Mitte Februar im Gespräch mit dem Lower Class Magazine: »In unserem Fall wurden zwar nicht die Gesetze verändert, aber so umgebogen, dass man aus 20 Jahren Verjährungsfrist 40 Jahre machen konnte.« Denn 2015 wäre auch dieser vorgeworfene Tatbestand eigentlich verjährt gewesen. »Das hat mit Rechtswesen nichts mehr zu tun«, so Krauth. Und er sei sich sicher: »Wenn ihnen irgend etwas einfällt, um noch mal aus 40 Jahren 80 Jahre zu machen, dann werden sie auch das tun. Einfach um recht zu behalten, damit niemand auf die Idee kommt zu sagen: Der Staat ist angreifbar.«
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