Den Mördern überlassen
Von Wiebke Diehl
Die von dem IS- und Al-Qaida-Terroristen Abu Mohammed Al-Dscholani (bürgerlicher Name Ahmed Al-Scharaa) installierte syrische »Übergangsregierung« zeigt ihr wahres Gesicht: Seit Donnerstag haben Milizionäre der Haiat Tahrir Al-Scham (HTS) wohl Tausende von Zivilisten in den Küstengebieten Syriens massakriert. Berichtet wird zudem von Plünderungen, Brandstiftungen, Entführungen und Vergewaltigungen. Die Opfer gehören wie der Anfang Dezember gestürzte syrische Präsident Baschar Al-Assad der alawitischen Minderheit an.
Während die in Großbritannien ansässige »Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte« von über 1.000 Toten, darunter 745 Zivilisten, spricht, werden auf der Plattform X mehrere Tausend Opfer gemeldet. Dort kursieren Bilder von mit Leichen übersäten Straßen, auf Lastwagen weggekarrten Menschen, auf offener Straße willkürlich erschossenen Zivilisten sowie ganzen Familien, die ausgelöscht wurden. Selbst Babys zählen zu den Todesopfern. Am Sonnabend verurteilten syrische Kirchenführer die Massenmorde auf das schärfste und forderten, die Gewalt umgehend zu stoppen. In der vom griechisch-orthodoxen Patriarchen Johannes X., dem syrisch-orthodoxen Patriarchen Aphrem II. und dem melkitischen Patriarchen Joseph Absi unterzeichneten Erklärung heißt es, die Zukunft Syriens könne nur durch Gleichberechtigung, Bürgerrechte und echte Partnerschaft aller Bevölkerungsgruppen gesichert werden.
Derweil übernehmen westliche Medien den Jargon der demokratisch nicht legitimierten, für zahlreiche in den letzten 15 Jahren verübte Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen bekannten, vom Westen aber hofierten und als »moderat« bezeichneten HTS. Al-Dscholanis am Sonntag verbreitete Rede, in der er von »nationaler Einheit«, »innerem Frieden« und »Zusammenleben« fabuliert, wurde von Spiegel, Tagesschau.de, und Co. nahezu unhinterfragt reproduziert. Die De-facto-Machthaber hatten am Donnerstag ein »hartes Vorgehen« gegen »Überbleibsel des Assad-Regimes« angekündigt, nachdem die sogenannten Küstenschutzkräfte, die sich in mehrheitlich alawitisch bewohnten Gebieten gebildet haben, mindestens 16 Mitglieder der HTS- »Sicherheitskräfte« getötet hatten. Tatsächlich leitete die »Regierung« mit der Entsendung Tausender dschihadistischer Milizionäre die Massaker ein.
Die sich formierenden Widerstandsgruppen wollen erklärtermaßen die Bevölkerung vor seit Anfang Dezember andauernden Demütigungen, Folter, Vergewaltigungen und Morden seitens der Dschihadisten schützen. In einer Erklärung des »Militärrats zur Befreiung Syriens« heißt es, »nach Monaten der Ungerechtigkeit, der konfessionellen Gewalt, der Plünderungen, der Unterdrückung und der Besetzung syrischen Landes durch externe Angreifer« wolle man das »gesamte syrische Territorium von Besatzern und terroristischen Kräften (…) befreien«. Der »Wiederaufbau staatlicher Institutionen auf nationaler und demokratischer Grundlage« müsse unter Einbeziehung aller Konfessionen und Ethnien erfolgen.
Während die Bundesregierung ähnlich wie die EU die Massaker an Zivilisten als »Ausbruch von Gewalt zwischen Anhängern des gestürzten Langzeitherrschers Baschar Al-Assad und den neuen Machthabern« relativiert, macht Moskau Nägel mit Köpfen und öffnete seine Militärbasis Hmeimim, um Zivilisten Zuflucht zu gewähren. Alawiten, Christen, Drusen und andere Minderheiten suchten dort Schutz.
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