Italiens Waffenindustrie frohlockt
Von Gerhard Feldbauer
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schwankt: zwischen der Hinwendung zu US-Präsident Donald Trump und der Forderung der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, sich der Koalition der Willigen zur stärkeren Unterstützung der Ukraine anzuschließen. Derweil erhofft sich die Rüstungsindustrie mehr Profite durch den Einstieg in die Militarisierung der EU. Der frühere langjährige Präsident des Rüstungskonzerns Leonardo, Verteidigungsminister Guido Crosetto, hat den Stabschef der Armee beauftragt, den Beschlüssen von Brüssel entsprechend zusätzlich 30.000 bis 40.000 Soldaten für die Armee zu rekrutieren. Damit wird die Verteidigungskapazität in einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren um mehr als ein Drittel erhöht.
Allerdings herrscht in der ultrarechten Regierung weiter Uneinigkeit. Meloni hat zwar den von einem EU-Sondergipfel beschlossenen »Rearm Europe«-Plan von 800 Milliarden Euro unterschrieben. Gleichzeitig kritisiert sie aber, dass der Plan weit über die Wiederbewaffnung hinaus gehe – Italien werde die Gelder des Kohäsionsfonds nicht für die Verteidigung einsetzen. Mit dem Fonds sollen eigentlich Umweltvorhaben und Projekte im Bereich des transeuropäischen Netzes finanziell unterstützt werden, von der Leyen schlug aber unter anderem vor, dessen Finanzmittel für das Aufrüstungsprogramm umzuwidmen. Ansonsten hüllt sich Meloni in Schweigen und versucht sich weiter in ihrem Spagat, eine gute Beziehung zu Trump zu pflegen und gleichzeitig eine konstruktive Rolle in der EU zu spielen.
Um keinen Verdacht aufkommen zu lassen, sie wende sich vom US-Präsidenten ab, will sie ihm Ende März einen Besuch abstatten. Lega-Chef und stellvertretender Ministerpräsident Matteo Salvini unterstützt Trump offen, stilisiert sich zum Pazifisten und trompetet »die Welt geht in Richtung Frieden, Selenskij will Frieden, Putin will Frieden, Trump will Frieden«. Er vergisst nicht, Elon Musk zu loben und die Annahme von dessen Starlink-Programm zu fordern. Außenminister und Forza-Chef Antonio Tajani, ebenfalls stellvertretender Ministerpräsident, stellt sich, wie der Mailänder Corriere della Sera am Dienstag berichtete, dagegen hinter Meloni und »Rearm Europe«.
Wesentliche Grundlage für die Entscheidung zugunsten von Brüssels Rüstungskurs ist, dass im Januar ein Joint Venture des italienischen Rüstungsriesen Leonardo mit der Düsseldorfer Rüstungsschmiede Rheinmetall namens Military Vehicles geschlossen wurde. Das neue Konsortium wird die Kampf- und Schützenpanzer von Rheinmetall »Panther« und »Lux« weiterentwickeln und bauen, wovon die italienische Armee im Volumen von mehr als 20 Milliarden Euro abnehmen wird. Inzwischen wachsen auch Bedenken, ob die Luftwaffe wie geplant weitere 25 Kampfflugzeuge vom Typ F-35 des US-Herstellers Lockheed Martin, die fast alle europäischen Länder erworben haben, kaufen sollte. Wie die Fachwebseite Analisi Difesa warnte, behalten die USA »die Kontrolle über die Software, die Logistik, die Wartung bis hin zur Möglichkeit, den operativen Einsatz der Flugzeuge einzuschränken«. Man frage sich, warum unter diesen Bedingungen weiterhin Geld für einen US-Kampfjet ausgegeben werden sollte, bei dem die Vereinigten Staaten darüber entscheiden, ob er abhebt oder nicht – wie im Fall von Starlink.
Die Plattform Peacelink enthüllte, dass in den vergangenen beiden Jahren allein für Waffensysteme im Luftsektor 21,9 Milliarden Euro bereitgestellt wurden, und nannte diese Eskalation der Militärausgaben »eine besorgniserregende« Entwicklung. Während der sozialdemokratische PD von Elena Schlein sich gegenüber der verstärkten Militarisierung der EU noch still verhält, macht die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) dagegen Front. 50 ihrer Abgeordneten und Senatoren, mit ihrem Leiter und Expremier Giuseppe Conte an der Spitze, versammelten sich am Dienstag vor dem Sitz des EU-Parlaments in Strasbourg und entrollten ein Transparent mit der Aufschrift »Kein Geld mehr für Waffen«. Danach sprachen Conte und der EU-Abgeordnete der M5S, Danilo Della Valle, auf der Besuchertribüne und protestierten gegen die verstärkte Aufrüstung der EU.
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