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Aus: Ausgabe vom 18.03.2025, Seite 2 / Inland
Militarisierung

»Arbeiter haben kein Interesse an Krieg«

Im Bundestag wird über Aufrüstung abgestimmt. Gegendemo »Schluss mit den Kriegskrediten«. Ein Gespräch mit Tabea Winter
Interview: Max Grigutsch
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»Friedesfähig statt kriegstüchtig«: Antisiko-Demonstration in München (15.2.2025)

Sie organisieren am Dienstag um 17 Uhr eine Kundgebung auf der Wiese vor dem Bundestag gegen die Aufrüstungspläne von CDU/CSU, SPD und inzwischen auch der Grünen. Was kritisieren Sie?

Am Dienstag soll im Bundestag über 500 Milliarden für sogenannte Infrastruktur und über die Auflockerung der Schuldenbremse für Militärausgaben entschieden werden. Aber Milliarden für Waffen schaffen keinen Frieden. Sie bedeuten Aufrüstungsspirale und Kriegstaumel, denen wir uns entgegenstellen.

»500 Milliarden für sogenannte Infrastruktur« – zweifeln Sie an dieser Kategorisierung?

Als ich zuerst davon gehört habe, dachte ich: endlich Geld für Krankenhäuser und Schulen. Inzwischen ist klar, dass das Geld in den Ausbau von Schienen und Straßen fließen soll, damit sie etwa mit Panzern beladen oder befahren werden können.

Sie demonstrieren gemeinsam mit Teilen der Linkspartei, zum Beispiel mit der Linksjugend Berlin oder mit Die Linke Neukölln. Eine solche Grundsatzopposition gibt es in anderen Teilen der Partei nicht.

Die Linkspartei muss sich entschieden gegen die Aufrüstung stellen. Es gibt Teile, die mit uns demonstrieren werden. Der Bundestagsabgeordnete Ferat Koçak wird eine Rede halten. Es gibt Aktive aus der Linkspartei, die einen antimilitaristischen Aufruf verfasst haben. Bisher sagt die Linkspartei auch, dass sie gegen die Aufrüstung stimmen wird. Aber die Partei sollte nicht nur bei symbolischen Bundestagsabstimmungen dagegen stimmen, sondern muss sich daran beteiligen, eine große Bewegung auf der Straße aufzubauen.

Sie erinnern damit an die Kriegskredite, die 1914 zur Finanzierung des Ersten Weltkriegs im Reichstag verabschiedet wurden. Damals stimmte die SPD-Fraktion geschlossen dafür. Welche Ähnlichkeiten sehen Sie zur heutigen Situation?

Damals war es ein Skandal, dass eine Partei der internationalen Arbeiterbewegung für einen imperialistischen Krieg stimmt. Heute wundert es nicht, dass die SPD für mehr Aufrüstung stimmt. Trotzdem sind die Kriegskredite ein historischer Einschnitt. Sie tragen zur weltweiten Militarisierungsspirale bei. Damals haben Gewerkschaften ihre Mobilisierungen eingestellt, um das deutsche Vaterland zu verteidigen. Das darf jetzt auf keinen Fall passieren. Was wir heute brauchen, was wir auch damals gebraucht hätten, sind große gewerkschaftliche Mobilisierungen gegen Krieg und Aufrüstung.

Stichwort Gewerkschaften, wie positionieren die sich aktuell?

Es ist eine umstrittene Frage in den Gewerkschaften, gerade bei der sehr sozialpartnerschaftlich orientierten IG Metall-Führung, wo Arbeitsplatzrettung mit Militarisierung zusammen gedacht wird. Uns muss aber klar sein, dass Arbeiter kein Interesse an einem Krieg mit deutscher Beteiligung haben. Wenn die Wehrpflicht wieder eingeführt werden sollte, dann sind die Menschen, die an der Waffe dienen sollen, unsere kleinen Geschwister, unsere Kinder – nicht die Spitzenpolitiker und Reichen. Die Gewerkschaften müssen erkennen, dass sie die Macht haben, real etwas dagegen zu tun. Sie müssen sich an den Mobilisierungen beteiligen.

Die Demo wird von über 30 linken Organisationen getragen. Welche Bedeutung hat das in dieser Situation, dass ein so breites Bündnis zusammenarbeitet?

Daran sehen wir vor allem den Ernst der Lage. Klasse gegen Klasse hat dieses Bündnis initiiert, es wächst stetig weiter. Es braucht einen starken linken Antimilitarismus. Deshalb ist ein solcher Zusammenschluss so wichtig. Auch dafür, dass unsere Gruppen über Positionen in Austausch kommen. Es wird in den kommenden vier Jahren mit einem rechten Kanzler Merz notwendig, eine kämpfende Opposition außerhalb des Parlaments zu bilden.

Wird Ihre Kritik gehört werden?

Das werden wir am Dienstag sehen. Ein realer Anteil in der deutschen Bevölkerung will nicht, dass mit ihrem Leben und dem ihrer Kinder gespielt wird. Wir rechnen mit Hunderten Teilnehmern und hoffen, dass es größer wird. Dabei kommt auch der Linkspartei eine wichtige Rolle zu, dass sie diese Mobilisierung mit aufbaut. Wir machen am Donnerstag eine offene Versammlung um 18 Uhr im Tagungszentrum Franz-Mehring-Platz 1, um alle, egal ob Einzelpersonen oder Organisationen, einzuladen, gemeinsam über eine Ausweitung der Proteste zu sprechen.

Tabea Winter ist Mitorganisatorin der »Schluss mit den Kriegskrediten!«-Kundgebung und aktiv bei Klasse gegen Klasse

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