Zeugen nicht geduldet
Von Jörg Tiedjen
Erneut ist am Wochenende ein Versuch gescheitert, in die von Marokko besetzte Westsahara zu reisen, um sich aus erster Hand über die dortige Menschenrechtslage zu informieren. Wie die spanische Internetzeitung El Independiente berichtete, wurde eine Delegation der Internationalen Juristenvereinigung für die Westsahara (IAJUWS) am Sonnabend von Beamten in Zivil daran gehindert, nach Ankunft in der Stadt Laâyoune das Flugzeug zu verlassen. Sie war gezwungen, unverrichteter Dinge den Rückflug nach La Palma auf Gran Canaria anzutreten.
Die Delegation bestand aus drei spanischen Juristinnen und einem Lokalpolitiker von den Kanarischen Inseln. Spaniens Anwaltskammer unterstützte die Reise, die auch der Regierung in Madrid, der UNO sowie dem EU-Parlament angekündigt worden war. Geplant waren »Treffen mit den Familien der sahrauischen politischen Gefangenen, mit der Zivilbevölkerung, mit Frauenorganisationen und weiteren sahrauischen Gruppen«, wie es in einer Stellungnahme hieß.
Die Begründung für die Reise mag überraschen, ist aber völkerrechtlich wasserdicht. Laut dem Kommuniqué geht es der IAJUWS um »Spaniens wiederholte Verletzung des Artikels 73 der UN-Charta«, der die Dekolonisierung regelt. Demnach ist Madrid immer noch verantwortlich für seine alte Kolonie Westsahara und müsse garantieren, dass die ursprünglichen Bewohner derselben, die Sahrauis, endlich ihr Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen können. Marokko ist lediglich eine illegale Besatzungsmacht, seit Spanien 1976 aus seiner »Überseeprovinz« abzog.
Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass internationale Beobachter an der Einreise in das besetzte Gebiet gehindert wurden. Im Februar hatten mehrere Abgeordnete des EU-Parlaments kurz nach ihrer Ankunft in Laâyoune wieder den Rückflug antreten müssen. Insgesamt seien in diesem Jahr nach Zählung des Independiente bereits 15 Spanier von den marokkanischen Behörden wieder aus der »letzten Kolonie in Afrika« ausgewiesen worden.
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