Alle Augen auf Luanda
Von Bernard Schmid
Völker der Region, schaut auf diese Stadt: An diesem Dienstag sollen in Angolas Hauptstadt Luanda direkte Verhandlungen zwischen der Zentralregierung der Demokratischen Republik (DR) Kongo und der Miliz »M 23«, »Bewegung des 23. März«, beginnen. Zuletzt war unklar, wer der kongolesischen Delegation angehören wird. Am vergangenen Dienstag, eine Woche vor Eröffnung des Gipfels, hatte Angolas Staatspräsident João Lourenço eine Vermittlerrolle seines Landes angekündigt.
Ob die Vermittlung erfolgreicher sein wird als die der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC), ist unklar. Diese beschloss nach einer Forderung des ruandischen Präsidenten Paul Kagame bei einem Regionalgipfel am Donnerstag in Zimbabwes Hauptstadt Harare, ihre Puffertruppe aus dem Kongo abzuziehen. Ihr gehörten vor allem Soldaten aus Südafrika, Tansania und dem südostafrikanischen Malawi an, insgesamt 1.300 Militärs. Der Gipfel begnügte sich damit, die einzelnen Mitgliedstaaten dazu aufzurufen, einen »Aktionsplan« zu verabschieden, um die DR Kongo nicht im Chaos versinken zu lassen. Kagame konnte sich damit durchsetzen. Wie verschiedene Medien berichteten, hofft die DR Kongo weiterhin auf einen Rohstoffdeal im Gegenzug für militärische Unterstützung.
Kongos östlicher Nachbar Ruanda sitzt in Luanda nicht mit am Tisch, spielt aber eine wichtige militärische Rolle. Er kontrolliert die »M 23« de facto und ist mit eigenen Truppen im Land, wie die Vereinten Nationen feststellten. Dennoch bestreitet die Regierung dies weiter. So erklärte Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe vor wenigen Tagen in einem Interview mit der Pariser Abendzeitung Le Monde: »Wir haben keine Soldaten auf kongolesischem Boden.« Tatsächlich wird die Zahl der Soldaten der »Ruandischen Verteidigungskräfte«, französisch FDR abgekürzt, auf dem Territorium des Nachbarlands jedoch auf rund 4.000 Mann geschätzt. Hinsichtlich Ruandas Rolle in dem Krieg kam es am Montag zum diplomatischen Eklat zwischen Belgien und Ruanda. Unter Initiative Belgiens hatten die EU-Außenminister Sanktionen gegen den Anführer der »M 23« und in den Krieg verwickelte ruandische Generäle erlassen. Daraufhin brach Kagame sämtliche diplomatische Beziehungen mit Belgien ab und warf Brüssel »neokoloniale Verblendung« vor.
Bei der Einnahme der Regionalmetropole Goma, Provinzhauptstadt von Nordkivu, Ende Januar, schoss die Artillerie direkt aus dem benachbarten Ruanda. Seitdem werden Goma und Umgebung als »befreite Zone« von neuen lokalen Autoritäten aus den Reihen des »M 23« bzw. seiner zivilen Vorfeldorganisation, der »Allianz des Kongo-Stroms« AFC (Alliance fleuve Congo) unter Corneille Nangaa, regiert. Wer in deren Reihen etwas zu entscheiden hat, ist der örtlichen Bevölkerung bislang unklar. International wird die sogenannte befreite Zone nicht anerkannt.
Das wirtschaftliche Leben in Goma ist weitgehend zum Erliegen gekommen. Gleichzeitig mit der Einnahme der Stadt am 26./27. Januar schloss die kongolesische Zentralbank den Geldhahn für die Region – dieser Beschluss fiel jedoch just auf die Tage, an denen den Staatsbediensteten ihre Gehälter ausbezahlt worden wären. Seitdem sind zwar noch Überweisungen möglich, doch die Geldautomaten spucken keine Scheine mehr aus. Bezahlungen sind allenfalls noch über einen telefonischen Service von Orange möglich – einem Ableger der 1997 privatisierten früheren französischen Telekom, die sich vor allem in Afrika zu einem expansiven Telekommunikationsunternehmen gewandelt hat –, wofür Straßenhändler horrende Gebühren einkassieren. Krankenhäusern etwa beginnen medizinisches Material, Telefonkarten, aber auch Benzin für Einsatzfahrzeuge auszugehen.
Nicht überall in der Region ist die wirtschaftliche Aktivität völlig gelähmt. Radio France international berichtete am 7. März, dass die Minen in der Bergbauregion um die Stadt Rubaya, rund sechzig Kilometer von Goma entfernt, in vollem Betrieb seien. Die »M 23« und AFC finanzieren sich daraus mit 800.000 Dollar monatlich. Die Miliz ist auch für manifeste Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Am 12. März beschuldigte die Organisation Human Rights Watch »M 23«, im Februar den engagierten Künstler Delphin Katembo Vinywasiki alias »Delcat Indengo« und den Aktivisten Pierre Baymungu von der vor allem aus dem Ausland finanzierten Organisation Lucha (Lutte pour le changement, »Kampf für Veränderung«) hingerichtet zu haben.
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