El Salvador wird Guantanamo 2.0
Von David Siegmund-Schultze
Er biegt das Recht, wie er will: Am vergangenen Sonntag (Ortszeit) hat US-Präsident Donald Trump die Entscheidung eines US-Bezirksrichters ignoriert und 261 angebliche Gangmitglieder nach El Salvador abgeschoben. Die große Mehrheit der Deportierten stammt aus Venezuela, einige auch aus El Salvador. Am Tag zuvor hatte die Nichtregierungsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) Trumps Anwendung eines Gesetzes von 1798 angefochten und Recht bekommen. Auf den sogenannten Alien Enemies Act kann sich nämlich nur im Kriegsfall berufen werden. Trumps eigenwilliger Interpretation, dass die Einwanderung der Venezolaner eine »Invasion« sowie »irreguläre Kriegführung und feindliche Handlungen« gegen die USA darstelle, hat das Gericht widersprochen. Denn, so betont die ACLU in ihrer Klageschrift, die USA befinden sich weder im Krieg mit Venezuela, noch hat eine militärische Invasion durch Venezuela stattgefunden.
Trump ist die Rechtslage jedoch egal. Und laut dem Alien Enemies Act können als »feindlich« definierte Personen ohne Anhörung deportiert werden – unabhängig von deren rechtlichen Status und Vorstrafen. Es ist ein Präzedenzfall, der willkürlicher Abschiebung die Tür öffnet. Lee Gelernt, Jurist von der ACLU, sagte gegenüber der US-Plattform The Intercept: »Es könnte die bisher extremste Maßnahme der Regierung sein, und das sagt schon viel aus.«
Auch im Fall der nun Deportierten wurden keine Beweise für eine angebliche Mitgliedschaft in Drogenbanden vorgelegt. Einem Bericht von CBS News zufolge, der auf Aussagen eines hohen US-Verwaltungsbeamten beruht, befinden sich unter den Venezolanern sogar 101 Personen, die nach dem regulären Einwanderungsrecht ausgewiesen wurden. Bei diesen beruft sich die US-Regierung entgegen der eigenen Rhetorik also gar nicht auf das Kriegsrecht und eine vermeintliche »Ganginvasion« – schiebt sie aber trotzdem auf die durch den Alien Enemies Act ermöglichte Weise ab.
In El Salvador erwartet die Abgeschobenen ein Cecot (Centro de Confinamiento del Terrorismo) genanntes Foltergefängnis, wie in einem bilateralen Abkommen zwischen den USA und El Salvador im Februar festgelegt worden ist. In einer Stellungnahme von US-Außenminister Marco Rubio auf X zum Abkommen schrieb er, El Salvadors Präsident Nayib Bukele habe akzeptiert, »jeden illegalen Ausländer in den Vereinigten Staaten, der ein Krimineller gleich welcher Nationalität ist, in seinen Gefängnissen unterzubringen«. Der ultralibertäre Bukele prahlt seit Jahren mit der brutalen Behandlung der dortigen Gefangenen. Er nutzt die Gunst der Stunde, um den USA zu schmeicheln und sich gleichzeitig als Hardliner im Drogenkrieg zu profilieren. Seit Bukeles Amtsantritt 2019 ist El Salvador mit weitem Abstand zum Land mit der weltweit höchsten Gefangenenrate geworden. Laut der salvadorianischen Tageszeitung El Faro sind seit 2022 und dem Ausrufen des Notstands 349 Personen an den Folgen von Folter und unmenschlichen Haftbedingungen in überfüllten Gefängnissen gestorben.
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Leserbrief von Joachim Seider aus Berlin (18. März 2025 um 06:58 Uhr)Die USA zeigen erneut, welch überzeugender Hort der Menschenrechte und der Demokratie sie sind. Und die Tagesschau entblödet sich nicht, die Bilder von der entwürdigenden Behandlung der Abgeschobenen ungerührt und ohne jeglichen Kommentar zur Verletzung garantierter Rechte breit ausgewalzt in den Abendnachrichten zu senden. Krokodilstränen über angebliche Menschenrechtsverstöße in China und Scheuklappen auf, wenn sie von den USA wirklich begangen werden – es ist zum K…, womit man glaubt, uns füttern zu dürfen!
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