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Aus: Ausgabe vom 18.03.2025, Seite 6 / Ausland
Israel

Staatsfeind Netanjahu

Israels Regierungschef will Geheimdienstchef feuern. Opposition fordert Rücktritt des Langzeitpremiers
Von Knut Mellenthin
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Für die Opposition ist Netanjahu mitverantwortlich für den Tod israelischer Geiseln (Tel Aviv, 21.12.2024)

Israels Oppositionspolitiker sind sich zumindest in einem Punkt einig: »Netanjahu hat dem Staat Israel den Krieg erklärt«, wirft Jair Golan, der Chef der Demokraten, dem Premierminister vor. Die von ihm geführte Partei ist ein Zusammenschluss der sozialdemokratischen Arbeitspartei mit der etwas linkeren Organisation Meretz. »Israel wird sich ohne seinen Rücktritt nicht erholen können«, urteilt Naftali Bennett, der von Juni 2021 bis Juni 2022 selbst ein Jahr lang Regierungschef war, über seinen Nachfolger, der auch sein Vorgänger war. Der Knesset-Abgeordnete Gadi Eisenkot von der Partei Nationale Einheit, der von Februar 2015 bis Januar 2019 Generalstabschef der israelischen Streitkräfte war und nach dem 7. Oktober 2023 acht Monate lang dem Kriegskabinett angehörte, meint: »Netanjahu hat das moralische Recht verloren, seinen Posten zu behalten. Er verschanzt sich hinter einer erpresserischen, selbstsüchtigen Koalition, die gegen Israels Sicherheit und die nationalen Interessen handelt.«

Unmittelbarer Anlass der harten Aussagen ist Benjamin Netanjahus Ankündigung vom Sonntag abend, den Chef des Inlandgeheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar, zu entlassen. Formal soll das in den nächsten Tagen, angeblich am Mittwoch, in einer Sondersitzung des Kabinetts beschlossen werden. Der Premierminister, der dieses Amt schon insgesamt 17 Jahre lang innehat, begründete seine Entscheidung in einer Videoerklärung mit seinem »Misstrauen« gegenüber dem Schin-Bet-Chef, »das mit der Zeit gewachsen« sei. Bar leitet den Inlandsgeheimdienst seit Oktober 2021. Es war der damalige Premierminister Bennett, der ihn ernannte. Er sei sich sicher, sagte Netanjahu in seiner Stellungnahme, dass Bars Entlassung »von zentraler Bedeutung für die Wiedergesundung des Schin Bet, für das Erreichen all unserer Kriegsziele und die Verhinderung der nächsten Katastrophe« sei.

Bar selbst hatte am 4. März die Vorlage eines Untersuchungsberichts zum 7. Oktober mit der selbstkritischen Aussage kommentiert, dass »das Massaker vermieden worden wäre«, wenn der von ihm geführte Inlandsnachrichtendienst besser gearbeitet hätte. Er gab sich zum Rücktritt entschlossen, machte aber die Einschränkung, dass er bis zur Befreiung aller Geiseln und bis zum Abschluss der Untersuchungen weiter im Amt bleiben wolle.

Noch am späten Sonntag, bald nach Netanjahus Ankündigung, meldete sich Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara zu Wort, deren Amtsenthebung von Netanjahu und der Regierungskoalition aus Rechten und Ultrarechten ebenfalls angestrebt wird. An die Adresse Netanjahus gerichtet, sagte sie, dass der Premierminister nicht berechtigt sei, »ein Entlassungsverfahren einzuleiten, ohne dass die faktenmäßige und rechtliche Basis, die seiner Entscheidung zugrunde liegt, ebenso wie seine Machtbefugnis, sich mit dieser Angelegenheit zum jetzigen Zeitpunkt zu beschäftigen, vollständig geprüft sind«. Außerdem sei es nicht die Rolle des Schin-Bet-Chefs, ein persönliches Vertrauens- und Loyalitätsverhältnis zum Premierminister zu unterhalten.

Die parteipolitische Opposition und die Mehrheit der israelischen Öffentlichkeit bringen Netanjahus Vorgehen gegen Bar in ursächlichen Zusammenhang mit einem strafrechtlichen Untersuchungsverfahren gegen einige enge Mitarbeiter des Premierministers, dessen Einleitung der Schin Bet Mitte Februar bekanntgegeben hatte. Es geht dabei um den Verdacht unstatthafter Beziehungen zum Emirat Katar, die mit Vorteilnahme wie etwa Geldzahlungen verbunden gewesen sein könnten. Das Fürstentum spielt einerseits – zusammen mit Ägypten und den USA – eine wesentliche Rolle bei den Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas über den Austausch von Geiseln und Gefangenen. Katar gilt aber andererseits in der öffentlichen Meinung Israels auch als Hauptförderer der Hamas.

Mehreren Personen aus dem Beraterkreis des Premierministers wird unter anderem vorgeworfen, dass sie in Zusammenhang mit der Fußball-WM 2022 PR-Arbeit für Katar geleistet hätten, woraus sich mindestens der Verdacht eines Interessenkonflikts ergäbe.

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