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Aus: Ausgabe vom 19.03.2025, Seite 15 / Antifaschismus
AfD und Bundeswehr

Alternative für Aufrüstung

Die AfD inszeniert sich als Friedenspartei, ist aber Teil des militärisch-politischen Komplexes
Von Kristian Stemmler
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Der AfD-Abgeordnete Rüdiger Lucassen (M.) will die nukleare Aufrüstung der BRD (27.6.2024)

Wie schon der Beginn des Ukraine-Kriegs vor gut drei Jahren gibt die Debatte über zusätzliche Milliarden für die Aufrüstung des Landes der AfD Gelegenheit, sich als Friedenspartei zu inszenieren. Mit Eilanträgen beim Bundesverfassungsgericht versuchten Abgeordnete der Bundestagsfraktion in letzter Minute, die Sondersitzung zu verhindern, bei der am Dienstag die für die Rüstungskredite erforderlichen Grundgesetzänderungen beschlossen wurden. Doch die Begründung der AfD dafür war rein fiskalisch – mit der rapiden Aufrüstung hat die Partei kein Problem. Im Gegenteil: Sie zeichnet sich, wie für rechte Parteien erwartbar, durch eine besondere Affinität zum Militärischen, eine große Nähe zur Bundeswehr und zur Rüstungsindustrie aus.

In einer Mitteilung vom 13. März beklagte die AfD-Fraktion eine »Aufweichung« der Schuldenbremse. Stephan Brandner, parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, erklärte, es sei »unverantwortlich«, Grundgesetzänderungen »durch den Bundestag zu peitschen«, um kommenden Generationen eine »Rekordneuverschuldung von bis zu einer Billion Euro« aufzubürden. Genauso argumentierte Parteichefin Alice Weidel am Tag darauf. Das Schuldenpaket sei »ein Angriff auf die Zukunft unserer Kinder und Enkel«. Von Aufrüstung kein Wort. Weidel kritisierte die 50 Milliarden Euro »für sogenannte Klimaprojekte«, die »linksgrünen Vorfeldorganisationen und NGOs« zugute kämen, und warnte vor einer »fiskalpolitischen Abwärtsspirale«.

Die Nähe der AfD zu Bundeswehr und Rüstungsindustrie haben die Politologen Merle Weber und Alexander Kleiss in einer im April 2024 publizierten Studie für die Rosa-Luxemburg-Stiftung und die Informationsstelle Militarisierung (IMI) herausgearbeitet. Sie verweisen auf das Grundsatzprogramm von 2016, in dem die rechte Partei sich beklagt, die Bundeswehr sei »über nahezu drei Dekaden hinweg vernachlässigt« worden. In ihrem Programm für die EU-Wahl 2024 erklärte die AfD, sie verfolge das Ziel einer »umfassend befähigten Bundeswehr als Eckpfeiler deutscher Souveränität«.

Im Verteidigungsausschuss, so Weber und Kleiss, hätte die AfD den meisten Aufrüstungsprojekten zugestimmt. Im Interview mit den Studienautoren verweist Tobias Pflüger, früherer verteidigungspolitischer Sprecher der Linksfraktion, darauf, dass die meisten AfD-Abgeordneten im Ausschuss einen »Militärhintergrund« hätten. Die Partei sei in dem Ausschuss ein »spezieller Teil des Militärblocks«, der von Bündnis 90/Grünen über die FDP und SPD bis zur CDU/CSU und AfD reiche. Pflüger stellt bei der Rechtsaußenpartei eine »sehr hohe Militäraffinität« fest. Nicht wenige Abgeordnete hätten »Bezüge zur oder von der Bundeswehr oder zur oder von der Rüstungsindustrie«. Die AfD sei »de facto Teil des militärisch-industriell-politischen Komplexes dieses Landes, eben der offen nationalistisch-rassistische Teil davon«. Einen erneuten Beleg für diese These lieferte vor einer Woche der AfD-Verteidigungspolitiker Rüdiger Lucassen, 34 Jahre bei der Bundeswehr, zuletzt im Rang eines Obersts. Er forderte Medienberichten zufolge eine nukleare Aufrüstung der BRD. Das Land brauche »eigene Atomwaffen und zwingend eine Wehrpflicht – auch für Frauen«. Sollte es tatsächlich zu einem NATO-Austritt der USA kommen, müsse Deutschland die führende Rolle in dem Bündnis übernehmen, so Lucassen.

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