Festnahme polarisiert
Von Rainer Werning
Was zu erwarten war, trat denn auch prompt ein. Die am vergangenen Dienstag erfolgte Festnahme des philippinischen Expräsidenten Rodrigo Duterte auf dem internationalen Flughafen von Manila und seine anschließende Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) im niederländischen Den Haag hatten unter den Befürwortern sowie Gegnern dieser Maßnahme erbitterte Kontroversen ausgelöst.
Erstere begrüßten vorbehaltlos die Festsetzung Dutertes und sprachen von einem Meilenstein auf dem Weg zur Beendigung allzu lange geduldeter staatlicher Straffreiheit. Stellvertretend für diese Position konstatierte Sheila S. Coronel, eine bekannte philippinische Investigativjournalistin, am 17. März in einem Beitrag für die Columbia Journalism Review: »Straffreiheit ist die Norm für die Mächtigen in den Philippinen. Die Verhaftung von Duterte ist ein Glücksfall.« Sie betonte aber auch: »Es hätte keinen Fall gegeben, wenn die Mütter, Schwestern und Töchter der im Drogenkrieg Getöteten nicht den Mut gehabt hätten, ihre Geschichten zu erzählen.« Der IStGH wirft Duterte vor, für Morde im Zusammenhang mit dessen »Krieg gegen Drogen« verantwortlich zu sein.
Ein gänzlich anderer Zungenschlag war seitens der engsten Familienmitglieder und Sympathisanten Dutertes zu vernehmen: Sie sprechen »vom Ausverkauf des Landes«, beklagen »den Verlust nationaler Souveränität« und bezichtigen die amtierende Regierung unter Ferdinand Marcos Jr. sowie Interpol-Beamte des »Kidnappings«. Für die Wahl 2022 hatten sich die Dynastien Duterte und Marcos noch zusammengeschlossen. Doch weil der Streit zwischen der Vizepräsidentin und Tochter des Expräsidenten, Sara Duterte, und Marcos Jr. zuletzt eskalierte, beurteilen Kritiker die Umsetzung des Haftbefehls durch Marcos Jr. als Schachzug im Machtkampf der beiden Familien.
In zahlreichen Städten des Landes fanden Protestmärsche statt, auf denen lautstark die Forderung nach Rückführung des Expräsidenten erhoben wurde. Trolle des Expräsidenten produzieren Fake News am laufenden Band, überziehen die E-Mail-Adressen der Richter in Den Haag massiv mit Spams und schrecken nicht davor zurück, Angehörige von »Rise Up for Life and for Rights«, einer Organisation von Familienmitgliedern, einzuschüchtern, die ihre Angehörigen in Dutertes »Krieg gegen Drogen« verloren haben.
Bereits bei der kurzen ersten Anhörung vor der IStGH-Vorverfahrenskammer am vergangenen Freitag zeichnete sich ab, dass das Duterte-Lager alles versuchen wird, um den Gerichtsprozess in Den Haag in ein innenpolitisch aufgepeitschtes Drama zu verwandeln und Duterte als altes und kränkliches Opfer von Ungerechtigkeit darzustellen. Das Kalkül: Schüren landesweiter Unruhen, um mit Blick auf die anstehenden Halbzeitwahlen am 12. Mai das bestmögliche Wahlergebnis zu erzielen. Würde das Realität werden, kämen diese Kräfte ihrem ultimativen Ziel näher, die Duterte-Familie bei den Wahlen 2028 erneut in den Präsidentenpalast Malacañang in Manila zu hieven.
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