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Aus: Ausgabe vom 22.03.2025, Seite 8 / Inland
Rechte Aufmärsche

»Ein Treffpunkt für Neonazis und andere Faschisten«

Rechte mobilisieren zu bundesweiten Aufmärschen. Zahlreiche Gegenproteste sind geplant. Ein Gespräch mit Yuri Hofer
Interview: Hendrik Pachinger
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Jeden Montag ruft in Nürnberg das rechte »Team Menschenrechte« zur Demonstration auf (27.1.2025)

An diesem Sonnabend wollen rechte Gruppen unter dem Motto »Gemeinsam für Deutschland« bundesweit demonstrieren. Zahlreiche Proteste sind angekündigt. Was ist in Nürnberg geplant?

In Nürnberg beteiligt sich das sogenannte Team Menschenrechte, TMR, an dieser bundesweiten rechten Mobilisierung. Diese Truppe ist aus den Resten der Querdenkerbewegung hervorgegangen und marschiert nun jeden Montag durch Nürnberg. Inzwischen sind sie inhaltlich am rechten Rand angekommen, und der wöchentliche Aufmarsch hat sich zu einem Treffpunkt für Faschisten aus der Region etabliert. TMR erhofft sich wohl von der bundesweiten Mobilisierung einen personellen Zuwachs, da ihr Montagsmarsch zahlenmäßig bei um die 80 Teilnehmern stagniert. In Nürnberg wird es Gegenprotest geben.

Die Ankündigungen im Netz sind großspurig. »16 Großdemonstrationen in allen 16 Bundesländern«. Wer steckt hinter diesem Mobilisierungsversuch?

Wir schätzen diese Mobilisierung als den Versuch einer Art Revival der großen Querdenkerbewegung ein. Diese Bewegung war auch nach der Coronakrise weiter aktiv, meist in lokalen Kleinstgruppen, in einigen Städten, etwa in Nürnberg und Bamberg, auch mit regelmäßigen größeren Demonstrationen. Eine bundesweite Vernetzung und Organisierung dieser Bewegung scheiterte in der Vergangenheit bereits mehrfach, meist an den Dutzenden Gruppen und Einzelpersonen, die jeweils ihren Führungsanspruch durchsetzen wollten. Trotzdem bilden diese Gruppen einen Treffpunkt für Neonazis und andere Faschisten. Gerade das großspurige Auftreten kann jungen, gewaltbereiten Neonazis imponieren und sie anlocken.

Auffällig ist, dass es die vorbereitenden Strukturen nicht geschafft haben, in der Fläche präsent zu sein oder auch nur in allen Landeshauptstädten Veranstaltungen zu organisieren. Woran liegt das?

Die Gründe für die einzelnen Städte sind schwer einzuschätzen. Generell suchen sich Faschisten die Orte aus, an denen sie das leichteste Spiel haben. Entweder durch bereits etablierte Strukturen vor Ort, weil sie sich Rückhalt in der Bevölkerung erhoffen oder die Behörden es ihnen leichtmachen. Letzteres ist z. B. in Nürnberg der Fall: Das Ordnungsamt genehmigt Routen mitten durch die Stadt, die Polizei sperrt wöchentlich die halbe Innenstadt ab und prügelt den Marsch der Faschisten durch, wenn es sein muss.

Einige der gemeinsamen Forderungen wirken harmlos, ja sogar anschlussfähig für Linke, wie etwa die Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine. Antifaschistische Strukturen weisen darauf hin, dass das eine neue Informationsmethode rechter Gruppen sei. Was ist damit gemeint?

Die faschistische Ideologie ist schon immer gekennzeichnet von Demagogie. Eine politische Kraft, deren Ideologie auf Nationalismus und Rassismus beruht, wird immer gewalttätig vorgehen. Daher ist die Friedensrhetorik nur Augenwischerei und versucht, an Stimmungen in der Bevölkerung anzuknüpfen, die berechtigte Angst vor Aufrüstung und Krieg haben. Die geplanten Milliardenpakete für die Aufrüstung Deutschlands werden in dem Aufruf nicht kritisiert. Schon allein daran zeigt sich, wie heuchlerisch der »Antimilitarismus« der Rechten ist.

All das bleibt nicht unwider-sprochen.

Ja, seit Dezember haben wir den Gegenprotest intensiviert. Grund dafür war, dass der Aufmarsch von TMR zu einem Treffpunkt für junge Faschisten geworden ist. Das war bereits am Auftreten festzustellen: Statt Rentnern nahmen plötzlich junge Vermummte teil, es wurden neonazistische Parolen gerufen.

Unsere Proteste zeigen bereits erste Erfolge: Der rechte Aufmarsch wird von einem riesigen Polizeiaufgebot begleitet, es gibt kaum mehr Außenwirkung. Auch in der Stadtgesellschaft entsteht eine Debatte über den Umgang mit TMR. Das bestärkt uns natürlich, weiterhin am Ball zu bleiben und den Faschisten auch in Zukunft nicht die Stadt zu überlassen.

Yuri Hofer ist Sprecher des »Antifaschistischen Aktionsbündnisses Nürnberg« (AAB)

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