Arbeitsteilung
Von Arnold Schölzel
Die Likud-Partei des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu schloss sich Anfang Februar den »Patrioten für Europa« als Beobachter an, also dem Parteienzusammenschluss von Faschisten, Rechtsnationalisten und Antisemiten aus der EU. Das ist konsequent. Die neuen Partner kommen bislang lediglich bis zur »Remigration« vor allem muslimischer Zuwanderer, Netanjahu lässt Einwohner der von Israels Armee kontrollierten palästinensischen Gebiete abschlachten – erst am Wochenende wurde erneut eine Klinik angegriffen, überschritt die Zahl der in Gaza Getöteten die 50.000. Jetzt trat die Einrichtung einer Behörde für die »freiwillige« Ausreise aus Gaza hinzu. Der Genozidvorwurf gegen das jenseits von Menschenrecht und Völkerrecht vorgehende israelische Kabinett erhärtet sich von Woche zu Woche.
Folgerichtig ist der Beitritt zu den »Patrioten« auch in anderer Hinsicht. So wie deren Phantasien über Deportation und Schaffung von Konzentrationslagern für Migranten inzwischen auf EU-Ebene Gesetzesform angenommen haben, so kann sich Netanjahu bei seinem Vernichtungsfeldzug der Solidarität der meisten EU-Mitgliedstaaten sicher sein. Mahnende Worte, die es von Zeit zu Zeit gibt, sind gratis, der Waffenstrom riss nie ab. Vor allem nicht der aus den USA, Donald Trumps Wechsel zwischen »Hölle«-Drohung für Palästinenser und »Riviera«-Verheißung für Nichtpalästinenser ist die passende imperialistische Rhetorik zu dem, was Netanjahu in Gaza und der Westbank an Massenmord vollzieht. So sieht kolonialistische Arbeitsteilung aus.
Insofern ist es inkonsequent, wenn der deutsche »Antisemitismus«-Beauftragte Felix Klein nicht an der »Internationalen Konferenz zur Bekämpfung des Antisemitismus« teilnimmt, die von Israels Regierung am 26. und 27. März in Jerusalem veranstaltet wird. Klein und andere Deutsche wollten nicht mit den eingeladenen »Patrioten für Europa« an einem Tisch sitzen, schrieb am Wochenende der Tagesspiegel: dem Chef des französischen Rassemblement National oder Vertretern der spanischen Vox- und der niederländischen Mitregierungspartei des Geert Wilders. Wie kommt’s denn? Gegen Leute gleichen Kalibers aus der NATO, vor allem aus Osteuropa einschließlich Ukraine gab es in Berlin seit Jahren keine Berührungsängste, wenn sie sich rassistisch antirussisch gaben. Da entbot nicht nur der Kanzler regelmäßig den Faschistengruß »Slawa Ukraini!«, den sich die Bandera-Organisation im April 1941 unter fürsorglicher Beteiligung von Gestapo, Abwehr und SS im besetzten Kraków gegeben hat.
Wer so viel für die Rehabilitation des Faschismus an der Macht tut wie die Bundesregierung, sollte auf dem Jerusalemer Kongress vertreten sein. Denn dort wird endlich klargestellt, worum es beim heutigen Kampf gegen »Antisemitismus« geht: Kolonisierte in Nahost umbringen und alle, die sich in der EU mit ihnen noch solidarisieren, bekämpfen. Arbeitsteilig.
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Leserbrief von Rayan aus Unterschleißheim (25. März 2025 um 00:08 Uhr)Medien wie Tagesspiegel sind allerdings überhaupt nicht konsequent: Das Framing »die Brandmauer nach rechts wurde durchbrochen« beziehen sie nämlich nur auf das Zusammengehen der europäischen und israelischen Faschisten. Dass die »Brandmauer« bereits zuvor mehrfach durchbrochen wurde, z. B. indem der sogenannte Antisemitismusbeauftragte Felix Klein die Einladung der faschistischen, israelischen Regierung, dieser Kriegsverbrecher- und Massenmord-Clique, angenommen hatte, wird so unter den rhetorischen Teppich gekehrt.
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