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Aus: Ausgabe vom 26.03.2025, Seite 8 / Ansichten

Kein Zeichen der Stärke

US-Zölle gegen Venezuela
Von Jörg Kronauer
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Der Oberzöllner im Weißen Haus hat wieder zugeschlagen: Die USA werden künftig, so kündigte es Präsident Donald Trump am Montag (Ortszeit) an, Zölle in Höhe von 25 Prozent auf sämtliche Importe aus allen Ländern verhängen, die venezolanisches Öl kaufen. Diese kommen auf bereits bestehende Zölle obendrauf. Weil es sich vermutlich kein Staat leisten kann, nur wegen gewisser Ölimporte sein US-Geschäft zu schädigen – und niemand bezieht aus Venezuela unersetzliche Mengen –, wird das Land, so lautet Trumps Kalkulation, die Einnahmen aus dem Verkauf seines traditionell bedeutendsten Exportgutes wohl schon bald verlieren.

Manche reden davon, fremde Staaten ökonomisch zu ruinieren; andere tun es. Trump tut es dabei, wie üblich, garniert mit einem dümmlichen verbalen Furz: Venezuela müsse bestraft werden, äußerte er, weil es »absichtlich und hinterlistig« zahllose Kriminelle, ja Mörder in die USA geschickt habe. Menschliche Massenvernichtungswaffen, sozusagen.

Bei aller Wut über das Bestreben der Milliardärsclique in Washington: Die Verhängung der Zölle ist eine Gewalttat, aber kein Zeichen von Stärke. Finanzminister Scott Bessent erläuterte im Januar, dass die Trump-Administration stärker auf Zölle zurückgreifen werde, habe einen simplen Grund. Die bislang verhängten Sanktionen würden oft umgangen und schüfen ein neues Problem: Sie befeuerten Bestrebungen, sich vom US-Dollar unabhängig zu machen.

Auf Zölle auszuweichen sei also besser, so Bessent. Die seien nicht mit dem Wechsel auf eine andere Währung zu umgehen; die Gefahr für den US-Dollar gebannt. Offen bleibt freilich, ob die Zölle nicht statt dessen eine Gefahr für die gesamte US-Wirtschaft heraufbeschwören. Denn noch nie lag klarer zutage als heute, dass sich nach Strich und Faden erpressbar macht, wer auf das US-Geschäft angewiesen ist. Bindekräfte stärkt man mit Zollorgien nicht.

Venezuela steckt freilich in der Klemme. Den Verlust von Kunden wie Indien oder Spanien, die aktuell nur geringere Mengen Öl kaufen, wird es verschmerzen. Sein zweitgrößter Kunde, der US-Konzern Chevron, wird sich auf Kommando der Trump-Regierung ohnehin bis Ende Mai zurückziehen müssen. Auf seinen größten Kunden, China, kann das Land kaum verzichten. Kann die Volksrepublik es sich aber leisten, dass Zölle auf ihre Ausfuhren in die USA um weitere 25 Prozent erhöht werden?

Beijing steht freilich auch vor der Frage, ob es auf Befehl Washingtons umstandslos einen Kooperationspartner fallenlassen kann. Und ob – beziehungsweise wenn ja, wie – es zurückschlagen soll. Nicht zu vergessen: Auf alle Importe aus China, die sich nicht ersetzen lassen, zahlen US-Firmen und -Verbraucher die Zollzeche. Der Zollkrieg wird unübersichtlich. Ob ihn der Oberzöllner aber gewinnt oder verliert, ist noch lange nicht ausgemacht.

Manche reden davon, fremde Staaten ökonomisch zu ruinieren; andere tun es. Und Trump garniert es mit einem dümmlichen verbalen Furz: Venezuela habe »absichtlich und hinterlistig« zahllose Kriminelle in die USA geschickt

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (25. März 2025 um 21:02 Uhr)
    Alles sehr spannend erzählt. Aber wie kommen die VenezolanerInnen aus dieser Zwangslage wieder ans Licht?
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (26. März 2025 um 13:52 Uhr)
      Als Dialektiker wissen wir: Alles beinhaltet immer auch sein Gegenteil. Oder wie der Physiker sagt, Druck erzeugt Gegendruck. Die USA werden noch schmerzhaft lernen, dass ihr rüder Umgang mit anderen, schwächeren Ländern bei denen einen Lernprozess auslöst. Im nördlichen Afrika ist wunderbar zu beobachten, welche Konsequenzen das haben kann. Wenngleich es da eine andere ehemalige Kolonialmacht ist, die da gerade das Schlucken bekommt. Schwache sind eben nur so lange schwach, wie sie alleingelassen bleiben. Da ändert sich aber gerade einiges in der Welt.

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