Dein roter Faden in wirren Zeiten
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April, April

Von Pierre Deason-Tomory
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Wer wird denn da den Kopf verlieren – Bühnenbild zu Prokofjews »Die Verlobung im Kloster« in Wien

Am Wochenende feiert ein monumentales Projekt der ARD-Kulturradios Premiere, die Bibel ungekürzt als Hörspiel in 734 einstündigen Folgen. Für die Hauptrollen wurden namhafte Schauspieler engagiert, darunter Ben Becker als Gott, Herbert Grönemeyer als Jesus und Sophia Thomalla als Maria Magdalena. Die Fertigstellung brauchte zehn Jahre. Die erste Aufnahme stieß 2018 bei Rundfunkräten auf Vorbehalte, weil die Einheitsübersetzung der Bibel unbearbeitet verwendet worden war. Kritisiert wurden die Verherrlichung des Angriffskrieges der Hebräer gegen die Kanaaniter, Terrorpropaganda (David gegen Goliath) und Misogynie (»Das Weib schweige in der Kirche«). Die Intendanten entschieden, das Manuskript zum Schutz der Jugend ins Lateinische übersetzen zu lassen und alles neu aufzunehmen. SAP entwickelte eigens einen »Bible Translate«.

Die erste auf Latein produzierte Fassung fiel 2020 durch, weil Jesus die Bergpredigt mit den Worten begann: »Lorem ipsum dolor sit amet.« Bei der zweiten Neuproduktion 2022 bergpredigte er »Gallia est omnis divisa in partes tres«. Bei der dritten 2024 »Hansel et Gretel in silvam ierunt.« Daraufhin wurde die SAP-Software durch die KI Deep Seek R1 ersetzt, die Grönemeyer und Kollegen klonte und innerhalb von drei Tagen alle 734 Hörspielfolgen ausspuckte. Auf Kantonesisch. Die erste Folge von »聖經播客/Der Bibel-Podcast« läuft am Sonntag auf allen Kulturwellen außer Bayern 2 (ARD 2025, Ursendung, 7.05 Uhr). Der BR ist ausgestiegen, weil er die kantonesische Bergpredigt für »verkappte Pekinger Klassenkampfreklame« hält.

Fahren wir nach diesem wenig verkappten Aprilscherz mit teilweise ernst gemeinten Programmvorschlägen fort. Das »ARD-Radiofeature« untersucht den Zusammenbruch der Immobilienholding von René Benko: »Zerplatzt« (SWR 2025, Fr., 15.05 Uhr, SWR Kultur, Sa., 13.05 Uhr, Bayern 2, 18.05 Uhr, Bremen zwei, So., 18.04 Uhr, HR 2 Kultur, Mo., 20.03 Uhr, WDR 5). »Der Deutsche Kleinkunstpreis 2025« ist am 22. März an Sarah Bosetti verliehen worden, sie und ihre Nebenpreisträger gaben dabei Prämiertes zum besten (Di. und Mi., 20.03 Uhr, WDR 5). Annett Gröschner liest in der »Lesezeit« aus ihrem neuen Roman »Schwebende Lasten (1/2)« (Mi., 20.30 Uhr, DLF).

In den »Radiogeschichten spezial« läuft eine zehnteilige Serie mit klassischen Texten der Philosophie, am Freitag ist Walter Benjamin mit »Über den Begriff der Geschichte« an der Reihe (11.05 Uhr, Ö 1). Bei »Demokratie spezial« sind Olaf Scholz und Friedrich Merz zu Gast, sie sprechen »Über den diskreten Charme von Amnesie und Wahlbetrug« (Sa., 14.05 Uhr, DLF Futur). »Das Fass der Pandora« ist kein Aprilscherz, sondern ein gruseliges Feature über Kinder und soziale Medien (NDR 2024, Sa., 18.05 Uhr, DLF Kultur, So., 20.05 Uhr, DLF).

Aus dem Theater an der Wien wird am Samstag abend Sergei Prokofjews Oper »Die Verlobung im Kloster« übertragen (19 Uhr, Ö 1). Später, ab 23.03 Uhr, gibt es auf SWR Kultur zwei Hörspiele am Stück: Emily-Pop- und Kant-Anagramme von Hermann Kretzschmar in »Aristo Games – Paralipomena« (SWR 2025, Ursendung) und im Anschluss »Der Struwwelpeter« von Michael Quast und dem Ensemble Modern (SWR 2022). Am Sonntag darf über Christenverfolgung gelacht werden in »Androklus und der Löwe« nach George Bernard Shaw (HR 1956, 14.04 Uhr, HR 2 Kultur). Schluss mit lustig machen zwei Premieren am Abend. In »Schwebende Brücken« von Maike Wetzel verschwindet der Ehemann im See (SWR 2025, So., 18.20 Uhr, SWR Kultur), in »Taormina« sterben ein Kind und eine Lebenslüge (NDR 2025, So., 19.04 Uhr, NDR Kultur).

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