China handelt
Von Jörg Kronauer
China gibt im Zollkrieg mit den Vereinigten Staaten nicht nach und hält an seinen Vergeltungszöllen gegen die USA fest. Nachdem US-Präsident Donald Trump mit einem weiteren Zollaufschlag um 50 Prozentpunkte gedroht hatte, falls Beijing die Vergeltungszölle nicht aufhebe, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Dienstag, das bestätige nur einmal mehr »die erpresserische Natur der USA«. Die Volksrepublik behalte sich weitere Gegenmaßnahmen vor und werde »bis zum Ende kämpfen«. Die US-Zölle auf Einfuhren aus China werden mit Inkrafttreten der jüngsten Erhöhung auf 34 Prozent an diesem Mittwoch nach unterschiedlichen Versuchen, die chaotischen US-Maßnahmen zu berechnen, auf Sätze von bis zu 76 Prozent beziffert. Welche Produkte bei derlei Zöllen überhaupt noch sinnvoll gehandelt werden können, ist völlig ungewiss.
Die EU musste am Dienstag zur Kenntnis nehmen, dass ihr Angebot an die USA, zu einer beiderseitigen Null-Zölle-Regelung im Warenhandel überzugehen, von Trump ausgeschlagen wurde. Die EU wird nun dazu übergehen, Vergeltungszölle zu erheben. Dabei geht es allerdings zunächst einmal um eine Reaktion auf die Stahl- und Aluzölle, die erste Salve im Zollkrieg, die Trump abgefeuert hatte. Die Liste der US-Produkte, auf die ab Mitte Mai EU-Vergeltungszölle erhoben werden sollen, wird dabei wohl kürzer ausfallen als geplant. So soll US-Whiskey von ihr gestrichen werden, weil EU-Weinexporteure größere Verluste zu befürchten hätten als US-Brennereien, sollte Trump wie angedroht die US-Zölle auf Alkoholika aus der EU auf 200 Prozent aufstocken. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen traf am Dienstag zudem Vertreter der Pharmabranche, die Vergeltungszölle komplett vermeiden will, um Trump nicht zu reizen: Medikamente sind bislang von den jüngsten US-Zöllen ausgenommen.
Während von der Leyen am Dienstag China – und nicht etwa die USA – dazu aufrief, eine Verhandlungslösung im Zollkrieg zwischen Washington und Beijing zu suchen, sahen sich mehrere Länder Ost- und Südostasiens gleichentags genötigt, der US-Erpressung nachzugeben und um Gespräche mit der Trump-Regierung zu bitten. Japan, Südkorea und Indien führen bereits Handelsgespräche mit den USA. Vietnam wiederum, das einen Einbruch seiner Wirtschaftsleistung um drei Prozent fürchten muss, bot an, in Zukunft mehr Waren aus den USA zu importieren. Malaysia teilte mit, es werde einen »Dialogprozess« starten. In Kuala Lumpur kündigte man jedoch zugleich an, die Beziehungen zu anderen Ländern und Regionen zu intensivieren. Myanmar wies darauf hin, die Zölle in Höhe von 44 Prozent auf seine Waren würden den Wiederaufbau nach dem verheerenden Erdbeben mit Tausenden Toten weiter erschweren.
In den USA selbst zeichnen sich inzwischen deutliche Widersprüche im konservativen Establishment ab. Wie die Washington Post berichtet, hat sich Elon Musk bisher erfolglos bemüht, Trump von den Zöllen gegen die wichtigsten Handelspartner abzubringen. Dem Wall Street Journal wiederum war zu entnehmen, dass diverse einflussreiche Bank- und Hedgefonds-Manager ebenfalls vergeblich versucht hatten, den, so die Zeitung, »Irrsinn« zu stoppen. Das Blatt nannte in diesem Kontext beispielsweise die Chefs von Großbanken wie J. P. Morgan und von Hedgefonds wie Blackrock. Auch unter US-Senatoren wie Ted Cruz aus Texas regt sich weiterhin Widerstand, nicht zuletzt mit Blick auf die absehbaren Preissteigerungen im eigenen Land.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (9. April 2025 um 14:38 Uhr)Oder es ist so, wie Brzezinski dargestellt hat: Die Vorherrschaft der Volksrepublik China ist nicht aufzuhalten. Seine Vorschläge zum Machterhalt sind bekannt und werden im Zuge der NATO-Militärdrohungspräsenz vorangetrieben. – Die jeweils Regierenden der bleibenden »Parteien« in Washington sind höchstens zwei gering verschiedene Flügel derselben Orientierung. Wer ist also erstaunt, aus welcher Einsicht als Hilfevehikel nun Zölle aushelfen sollen? Um danach diese Unsinnigkeit, die v.a. Dutzende Millionen Menschen im eigenen Land verzweifeln lassen, als einzig möglichen verbleibenden Widerstand zum Erhalt der Vormacht der westlichen Wertegemeinschaft zu verglorifizieren? – Um uns vorzutragen, dass die Volksrepublik, die RF, überhaupt BRICS +, sich auch in Zukunft an Zolldiktate halten? So schön es klingt: Game over und Pustekuchen.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (9. April 2025 um 10:10 Uhr)China ist zweifellos zu einem ernstzunehmenden geopolitischen und wirtschaftlichen Rivalen der USA aufgestiegen. Doch Trumps Versuch, mit immer neuen Zollmaßnahmen nicht nur China, sondern weite Teile des Welthandels unter Druck zu setzen, wirkt wie ein Rückzug in wirtschaftlichen Protektionismus, der im 21. Jahrhundert kaum noch praktikabel ist. Die Frage stellt sich: Wer wird durch diesen Kurs ausgeschlossen, und wer bleibt im Kreis der handelspolitischen »Partner«? Wenn große Teile Asiens, Teile Europas und Schwellenländer wie Brasilien oder Indien betroffen sind – wer bleibt dann noch als echter Verbündeter der USA übrig? Gerade kleinere und aufstrebende Volkswirtschaften – wie im Artikel genannt Vietnam, Malaysia oder Myanmar – sehen sich gezwungen, dem wirtschaftlichen Druck der USA nachzugeben. Doch genau in diesen Ländern liegt die Zukunft der globalen Produktions- und Lieferketten. Der Satz: »Viele kleine Leute, die in vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern«, ist mehr als nur ein Spruch. Staaten wie Indien, Indonesien, Brasilien oder Südafrika werden zukünftig eine zentrale Rolle in der Weltwirtschaft einnehmen. Trumps Wirtschaftspolitik hingegen droht, die USA weiter zu isolieren und den globalen Führungsanspruch Amerikas zu untergraben, anstatt ihn zu stärken.
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