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Aus: Ausgabe vom 09.04.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
USA

Universitäten unter Druck

US-Regierung bringt Hochschulen auf Linie. Ausländische Wissenschaftler verunsichert
Von Wolfgang Pomrehn
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Jüdische Studenten protestieren vor der Columbia University gegen die Inhaftierung und drohende Ausweisung von Mahmoud Khalil (New York, 2.4.2025)

An den US-Hochschulen macht sich große Verunsicherung breit. Die neue US-Regierung hat gegen 50 von ihnen wegen nicht genehmer Studiengänge oder Forschungen Untersuchungen eingeleitet. Die Columbia University in New York wurde kürzlich gezwungen, ihre Nahoststudien umzuorganisieren und härter gegen Studierende vorzugehen, die gegen Israels rücksichtslosen Krieg in Gaza protestieren. Ende März verkündete Trumps Außenminister Marco Rubio stolz, dass bereits mehr als 300 ausländischen Studierenden wegen der Gaza-Proteste das Visum entzogen wurde. Prominentester Fall ist Mahmoud Khalil, der an der Columbia University Proteste organisiert hatte und seit einem Monat in einem Gefängnis in Louisiana auf seine Abschiebung wartet.

Ebenfalls in einem Abschiebegefängnis in Louisiana sitzt seit zwei Wochen die türkische Promotionsstudentin und Fulbright-Stipendiatin Rümeysa Oztürk. Sie war zuvor in Somerville, Massachusetts, auf offener Straße von sechs zum Teil maskierten Personen in Zivil, angehalten und festgenommen wurden. Ein Video von dem Vorgang ging online viral. Der Studentin werde, ohne dass der Öffentlichkeit Beweise vorgelegt würden, unterstellt, sie habe die Hamas unterstützt, schreibt die Washington Post. Ein örtliches Gericht hatte die Überstellung nach Louisiana untersagt, was von den Behörden ignoriert wurde.

Unterdessen herrscht bei chinesischen Forschenden und solchen mit chinesischen Vorfahren bereits seit längerem große Verunsicherung. Schon 2023 hatte eine Umfrage dies gezeigt. Fast die Hälfte der Befragten vermied es demnach, Forschungsanträge zu stellen, die auf Bundesmittel angewiesen wären. 61 Prozent dachten sogar darüber nach, die USA zu verlassen. Hintergrund ist die sogenannte China-Initiative von 2018 aus der ersten Amtszeit Donald Trumps, mit der diese Personengruppe unter Generalverdacht gestellt wurde. Hunderte wurden von der Bundespolizei FBI durchleuchtet, und manche verloren dadurch ihre Jobs, weil die Dienstherren sich von ihnen distanzieren wollten.

Inzwischen sind viele chinesischen und chinesischstämmigen Spitzenforscher abgewandert. Nun fürchten viele, die Kampagne gegen sie, die von Trumps Nachfolger und Vorgänger Joe Biden nur zögerlich eingestellt wurde, könnte wiederbelebt werden. Zusätzliche Nahrung bekommen diese Ängste durch eine Hausdurchsuchung, die Ende März bei Wang Xiaofeng stattfand, einem Professor für Informatik und Fachmann für Datenschutz. Seit rund 20 Jahren hatte er an der Universität von Indiana, Bloomington, gelehrt und geforscht. Wie die in Hongkong erscheinenden South China Morning Post berichtet, wurde er unter dem Protest seiner Kolleginnen und Kollegen ohne Angaben von Gründen noch am selben Tag entlassen, praktisch parallel zur FBI-Aktion.

Gleichzeitig berichtet die Washington Post, dass auch im Silicon Valley, dem Herzen der US-amerikanischen IT-Industrie, die Angst vor Trumps rassistischer Politik umgeht. Firmen bitten ihre mit einem Arbeitsvisum beschäftigten Angestellten, das Land nicht zu verlassen, aus Sorge, die Behörden könnten sie nicht wieder einreisen lassen. Die New York Times befürchtet derweil, die USA könnten so ihre Spitzenleute verlieren. Abwegig ist das nicht. Wang soll bereits eine neue Anstellung in Singapur in Aussicht haben.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (8. April 2025 um 21:57 Uhr)
    Es gibt Leute, die bergauf bremsen. Zu denen gehören Trump und Musk nicht, aber zu denen, die bergab beschleunigen. Dabei kann eine Stein- oder Schneelawine entstehen. Die andere Analogie, gemäß derer ein Ertrinkender seinen Retter ertränken kann, ist nicht ganz so offensichtlich. Ich kann nur hoffen, dass keiner versucht, den Retter für sie zu spielen. Allerdings ist es auch nicht leicht, sich aus der Gefahrenzone fern zu halten.

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