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Aus: Ausgabe vom 12.04.2025, Seite 7 / Ausland
Spanien

Rechte Justiz kippt Amnestie

Spanien: Gericht lehnt Straffreiheit für ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont ab
Von Carmela Negrete
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Keine Aussicht auf Rückkehr: Die Anhänger des ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont müssen weiterhin auf diesen warten

Die Generalsekretärin der linken spanischen Oppositionspartei Podemos, Ione Belarra, hat am Donnerstag die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Madrid kritisiert, dem ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont sowie dessen früheren Ministern Antoni Comín und Lluís Puig keine Amnestie zu gewähren. Sie äußerte sich dazu auf einer Veranstaltung von Podemos in Barcelona. Die Entscheidung, der Empfehlung des Untersuchungsrichters Pablo Llarena zu folgen, bezeichnete sie als Ausdruck einer »schmutzigen juristischen Kriegführung« und als Beweis für die Existenz reaktionärer Elemente in der Justiz, die sich in ihrer Macht »verschanzt« hätten und Gesetze ignorierten, die ihnen nicht passten. Dahinter stehe ein tiefgreifendes demokratisches Problem, das die Sozialdemokraten des regierenden PSOE, die sich für die Amnestie der Katalanen entschieden hätten, selbst verschuldet hätten. Ministerpräsident Pedro Sánchez habe sich geweigert, echte Reformen im Justizwesen umzusetzen, und statt dessen sogar ein Abkommen mit der rechten Volkspartei PP zur Erneuerung des Generalrats der Justiz (CGPJ) getroffen – ein Schritt, den Belarra als »Übergabe an rechts« kritisiert.

Die Unterstützung von Podemos in dieser Frage ist nicht selbstverständlich. Zuletzt hatte die Partei die Entscheidung der spanischen Regierung kritisiert, ein Migrationsabkommen mit Puigdemonts Partei Junts zu schließen, in dem Kompetenzen in dieser Angelegenheit an die Region übertragen wurden, mit dem Wissen, dass das einer migrationsfeindlichen Politik dienen soll. Diese Entscheidung wurde auch im linken Bündnis Sumar kritisiert, das an der Regierung beteiligt ist – etwa von einem Abgeordneten der Partei Compromís, der warnte: Das bedeute »mehr soziale Kontrolle, mehr Polizei, mehr illegale Gefängnisse wie Internierungszentren für Migranten – und Alarmismus wegen eines Phänomens, das gar nicht existiert, nämlich der angeblichen Überzahl an Migranten«.

Zwar weicht die Haltung der liberalen katalanischen Politiker zu wichtigen Themen wie dem Krieg in Europa und dem Genozid in Gaza vom Standpunkt von Podemos ab. Das hindert die Partei aber nicht, hervorzuheben, dass auch die Katalanen Opfer sogenannter Lawfare geworden sind, Unterdrückung mit Hilfe der Justiz – genau wie sie selbst. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass der Richter García Castellón von Belarra eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 120.000 Euro einklagen will, weil sie ihn als »korrupt« bezeichnet hatte. Am 2. September hatte Belarra auf X geschrieben: »Heute gibt der Amtsanzeiger (BOE) den Zwangsruhestand von Richter García Castellón bekannt. Wir haben es schon vor Monaten gesagt, und jetzt bestätigt es sich: Dieser und andere korrupte Richter, die gegen diejenigen von uns vorgegangen sind, die eine andere Vorstellung von Spanien vertreten, kommen dank des PSOE ungeschoren davon – ohne jegliche Sanktion. Eine Schande.« Doch als Abgeordnete genießt Belarra Unverletzlichkeit in bezug auf ihre Meinungsäußerungen. Das ist in den Statuten so festgeschrieben.

Am Donnerstag hatte der Oberste Gerichtshof entschieden, dass Puigdemont nicht von der Amnestieregelung für katalanische Unabhängigkeitspolitiker profitieren kann. Schließlich habe seine Regierung für das Unabhängigkeitsreferendum im Jahr 2017, das für illegal erklärt wurde, öffentliche Gelder veruntreut, und dieser Vorwurf bleibe bestehen. Das Amnestiegesetz war zuvor von der spanischen Regierung mit den katalanischen Parteien ausgehandelt worden, um die Unabhängigkeitsbestrebungen der Region angesichts der juristischen Repression in die politische Arena zu tragen, wo über sie verhandelt werden kann. Auf diese Weise sicherte sich Premier Sánchez auch die Stimmen von Junts für seine Wiederwahl. Das Amnestiegesetz wurde im Mai im spanischen Parlament verabschiedet und ist seit Juni offiziell in Kraft. Noch besteht die Möglichkeit, dass die im Exil in Belgien lebenden Anführer der Unabhängigkeitsbewegung vor dem spanischen Verfassungsgericht gegen die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs klagen.

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