USA setzen Frist
Von Reinhard Lauterbach
Die USA erhöhen offenbar den Druck auf Russland, einer raschen Waffenruhe in der Ukraine zuzustimmen. Am Freitag traf der Sondergesandte Steve Witkoff unangekündigt in Sankt Petersburg ein. Wie russische Medien meldeten, soll er auch von Präsident Wladimir Putin empfangen werden. Zuvor hatte das US-Außenministerium erklärt, die Geduld der USA sei nicht grenzenlos. Washington erwarte, dass Russland bis spätestens Ende dieses Monats einer Waffenruhe zustimme. Erst danach könnten die sonstigen Fragen behandelt werden, die Moskau für wichtig halte. Russland dagegen stellte die Reihenfolge umgekehrt dar: Erst müsse eine Reihe grundsätzlicher Fragen geregelt werden, bevor von einer Waffenruhe oder Rüstungskontrollverhandlungen die Rede sein könne.
In Istanbul endete am Donnerstag auch eine weitere Runde der russisch-US-amerikanischen Gespräche über die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen nach sechs Stunden ohne offizielle Mitteilungen. Beide Seiten sprachen jedoch von einem »konstruktiven Geist«, der bei der Begegnung geherrscht habe. Die US-Seite verlangt offenbar von Russland ein Ende des Verbots, russische Staatsbürger als sogenannte Ortskräfte zu beschäftigen und so nicht nur Kosten zu sparen, sondern auch ein Ohr an der Stimmung in der Bevölkerung zu haben. Russland verlangte seinerseits die Freigabe beschlagnahmten diplomatischen Vermögens, darunter zwei Generalkonsulate und ein Ferienhaus an der Atlantikküste, außerdem die Erlaubnis für die Botschaft, wieder ein Bankkonto zu eröffnen.
Unabhängig von diesen eher in Richtung Entspannung weisenden Signalen gingen die Kämpfe in der Ukraine ohne erkennbare Verminderung der Intensität weiter. Von den meisten Frontabschnitten räumte auch das ukrainische Onlinekartenwerk »Deep State UA« russische Geländegewinne ein. Insbesondere muss es Russland gelungen sein, die aus der Ukraine ins Kursker Gebiet führende Straße tatsächlich physisch zu besetzen. Ukrainische Soldaten berichteten in Medien ihres Landes von teilweise chaotischen Szenen beim Rückzug aus der Region Kursk: Nur zwei von zehn dort eingesetzten Brigaden seien in halbwegs geordneter Formation abgezogen; der Rest »zu Fuß über 16 Kilometer oder mit Fahrrädern«. Es habe in seiner Einheit »zahllose Vermisste und Gefangene« gegeben. Ukrainische Militärkommentatoren sagten für den weiteren Verlauf des Frühjahrs eine russische Großoffensive im dem Kursker Gebiet gegenüberliegenden ukrainischen Bezirk Sumi voraus. Russland werde wahrscheinlich versuchen, die 300.000 Einwohner zählende Gebietshauptstadt einzuschließen.
Im Donbass näherten sich russische Einheiten westlich von Pokrowsk und im Süden der Region Donezk den Verwaltungsgrenzen zu den Bezirken Dnipropetrowsk und Saporischschja. Von dort berichtete die Financial Times über die Erschießung ukrainischer Gefangener durch russische Soldaten, nachdem sie sich bereits ergeben hätten. Das Video stützt sich auf Angaben der ukrainischen Ermittlungsstelle für Kriegsverbrechen, die als Urheber der Originalaufnahme einen russischen Soldaten benennt, der die Szene gefilmt habe. Wie man die Authentizität dieser Aufnahme beurteilt, ist eine andere Frage. Auch wann sie entstanden ist, wurde nicht mitgeteilt. Da die Szenen im Moment der eigentlichen Schüsse verpixelt sind, ist man für die Information, dass dort eine Erschießung gezeigt wird, letztlich darauf angewiesen, den Kommentaren der ukrainischen Staatsanwälte zu glauben.
Der in Brüssel beheimatete Fernsehsender Euronews meldete am Donnerstag Zurückhaltung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Er werde kein Strafverfahren gegen Wladimir Putin, seinen Regierungschef Michail Mischustin oder Außenminister Sergej Lawrow eröffnen, solange diese im Amt seien.
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