Türkei: Anklage gegen rund 800 »Verdächtige« nach Protesten

Istanbul. Nach den Massenprotesten gegen die Festnahme des populären Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu erhebt die Istanbuler Staatsanwaltschaft Anklage gegen 819 Menschen, berichtete dpa am Dienstag abend. Ihnen werde Teilnahme an nicht genehmigten Demonstrationen vorgeworfen, teilte die Strafverfolgungsbehörde mit. 278 von ihnen seien in Untersuchungshaft. Einigen Protestierenden drohen laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu bis zu fünf Jahren und in einem Fall bis zu neun Jahre Haft.
Die Festnahme des dann abgesetzten Istanbuler Bürgermeisters Imamoglu am 19. März hat in der Türkei die größten regierungskritischen Proteste seit Jahren ausgelöst. Imamoglu, der nach seiner Festnahme zum Präsidentschaftskandidaten der größten Oppositionspartei CHP ernannt wurde, gilt als wichtigster innenpolitischer Rivale des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Imamoglu war wegen »Korruptions- und Terrorvorwürfen« festgenommen worden.
Das Istanbuler Gouverneursamt hatte Demonstrationen nach Imamoglus Festnahme zunächst untersagt, seit Ende März jedoch wieder erlaubt. Am Dienstag kamen mehrere Hundert Menschen zu einem Protest im Istanbuler Stadtteil Kadiköy zusammen. Imamoglus Partei CHP hat angekündigt, von nun an jedes Wochenende an unterschiedlichen Orten im Land und jeden Mittwoch abend in Istanbul Proteste zu organisieren.
Die Opposition und viele Demonstranten sehen das Vorgehen gegen Imamoglu als den Versuch der Regierung, einen wichtigen Kontrahenten auszuschalten. Bereits in den Wochen vor der Festnahme des populären Politikers war härter gegen Oppositionelle im Land vorgegangen worden. (dpa/jW)
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