Rechtsschutz für Abgeschobene
Von Detlef Georgia Schulze
Es ist für die US-Regierung weitaus weniger ein Sieg, als es auf den ersten Blick scheint: Am Montag (Ortszeit) entschied der Oberste Gerichtshof der USA mit knapper Mehrheit, vorausgegangene Urteile eines Bezirksgerichts zur Berufung Donald Trumps auf den sogenannten Alien Enemies Act von 1798 aufzuheben. Damit kann der US-Präsident mit der Abschiebung mutmaßlicher venezolanischer Bandenmitglieder fortfahren, wenn auch mit Einschränkungen. So erklärte die richterliche Mehrheit: Die Inhaftierten »müssen nach dem Datum dieser Anordnung davon in Kenntnis gesetzt werden, dass sie nach dem Gesetz abgeschoben werden müssen. Die Benachrichtigung muss innerhalb eines angemessenen Zeitraums und in einer Art und Weise erfolgen, die es ihnen ermöglicht, vor einer solchen Abschiebung an einem geeigneten Ort Rechtsschutz zu suchen«.
In seiner Mehrheitsentscheidung vom Montag erklärte das Gericht, dass Betroffene, die die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung nach dem Alien Enemies Act anfechten wollen, sogenannte Habeas-Corpus-Klagen in dem Bundesgerichtsbezirk erheben müssen, in dem sich der Inhaftierte befindet. Das bedeutet, dass der in diesem Fall richtige Gerichtsstand in Texas und nicht im District of Columbia liegt, so das Gericht. Dort hatte Richter James Boasberg am 15. März die Abschiebungen vorübergehend blockiert. Geklagt hatte im Namen der für Bürgerrechte eintretenden NGO American Civil Liberties Union (ACLU) eine Gruppe venezolanischer Männer, die sich im Gewahrsam der US-Einwanderungsbehörden befinden, um ihre Abschiebungen zu verhindern.
Lee Gelernt, ein Anwalt der ACLU und Hauptvertreter der Inhaftierten, erklärte zur Entscheidung des Gerichts: »Dieses Urteil bedeutet, dass wir das Gerichtsverfahren an einem anderen Ort neu beginnen müssen, aber der entscheidende Punkt ist, dass der Oberste Gerichtshof gesagt hat, dass Einzelpersonen ein ordnungsgemäßes Verfahren erhalten müssen, um ihre Abschiebung gemäß dem Alien Enemies Act anzufechten.« Das sei »ein großer Sieg«.
Der Alien Enemies Act ist ein Gesetz aus den Gründungsjahren der USA, auf dessen Grundlage Abschiebungen unabhängig von den normalen Voraussetzungen des heutigen Ausländer- und Aufenthaltsrechts der USA vorgenommen werden dürfen. Voraussetzung sind (1) eine »Kriegserklärung zwischen den Vereinigten Staaten und einer ausländischen Nation oder Regierung«, oder dass »eine Invasion oder ein räuberischer Überfall auf das Hoheitsgebiet der Vereinigten Staaten durch eine ausländische Nation oder Regierung verübt, versucht oder angedroht wird« sowie (2) eine Proklamation des jeweiligen Präsidenten. In einer auf den 14. März datierten Regierungserklärung hieß es: »Ich (Präsident Trump) stelle fest und erkläre, dass TdA (Tren de Aragua) eine Invasion oder einen räuberischen Überfall auf das Hoheitsgebiet der Vereinigten Staaten verübt, versucht und androht. TdA unternimmt feindliche Handlungen und führt einen irregulären Krieg gegen das Hoheitsgebiet der Vereinigten Staaten, sowohl direkt als auch auf Anweisung des Maduro-Regimes in Venezuela, sei es heimlich oder auf andere Weise.«
Schon bevor die Erklärung veröffentlicht worden war, hatte die Regierung über 100 Menschen, die auf dieser Grundlage später abgeschoben wurden, nach Texas in die Nähe der mexikanischen Grenze verbracht. Kurz nach Veröffentlichung und bei noch laufender Gerichtsverhandlung vor dem District Court of Columbia wurden die Abschiebungen dann – außer in bezug auf die fünf Kläger – vorgenommen.
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